Learning English – ohne Konzept

■ Drittkläßler werden Englisch frühestens im nächsten Schuljahr lernen können. Erste Erfahrungen positiv

Die großen Pläne für die Kleinen stehen auf wackligen Beinen: Zur Einführung des Englischunterrichts ab der dritten Klasse gibt es bei der Schulverwaltung derzeit keine konkreten Vorstellungen. Ein ausführliches pädagogisches Konzept soll erst Ende des Jahres vorliegen. So bleibt es bei vorsichtigen Prognosen: „Eine flächendeckende Einführung des Englischunterrichtes ab der dritten Klasse wird im nächsten Jahr noch nicht möglich sein“, sagt Almuth Draeger, Sprecherin von Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD). Jedoch sei das Ziel, so viele Grundschulen wie möglich an der Einführung zu beteiligen.

Weiter geht die Planung jedoch nicht. Wie der Unterricht konkret aussehen und wie viele Stunden er in Anspruch nehmen soll, ist noch nicht geklärt. Fest steht lediglich, daß die Einführung „kostenneutral sein muß“. Neue Englischlehrer können aufgrund der Haushaltssperre nicht eingestellt werden. Deshalb müßten für die Einführung von Englischunterricht in der dritten Klasse andere Unterrichtsstunden wie Deutsch- oder Matheunterricht wegfallen. Eine andere Alternative sei, so Draeger, die Englischstunden in der fünften oder sechsten Klasse von derzeit fünf Wochenstunden um ein oder zwei Stunden zu kürzen.

Gegen diese „Lösung“ wendet sich jedoch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Sie fordert zum einen die Neueinstellung von studierten Englischlehrern. Zum anderen verlangt die Gewerkschaft, daß eine Einführung von Englisch nicht zu Lasten anderer Fächer geht. „Diese Mindeststandards müssen beachtet werden, damit das Projekt kein Flop wird“, so Erhard Laube, Vorsitzender der GEW. Ebenso müßten Unterrichtsmaterialien wie Hörspiele und Bilder für die dritte Klasse beschafft und unter Umständen existierende Englischbücher für die fünfte Klasse umgeschrieben werden. Diese wären nämlich dann nicht mehr benutzbar, weil sie für die absoluten Anfänger gedacht seien. „Eine kostenneutrale Einführung wird deshalb gar nicht möglich sein“, erklärt GEW-Sprecherin Erdmute Safranski.

Ungeachtet dieser Detailfragen stößt das Vorhaben von Senatorin Stahmer jedoch auf ein breites Interesse bei Lehrern und Eltern. Laut GEW ist nicht zu befürchten, daß Schüler durch frühes Fremdsprachenlernen überfordert werden. Das hat beispielsweise der Unterricht in den Europa-Schulen gezeigt. Eine wichtige Voraussetzung dafür gibt es jedoch: Der Englischunterricht muß in den ersten zwei Jahren hauptsächlich durch Sprachübungen und nicht durchs Schreiben gestaltet sein.

Erste Erfahrungen sind bereits vorhanden: In der Werbellinsee- Grundschule in Schöneberg ist ein innerschulisches Projekt zum Englisch-Frühbeginn in der dritten Klasse auf großen Anklang bei Schülern und Eltern gestoßen, sagt Schulleiterin Ellen Hansen. Auch die große Anzahl von SchülerInnen nichtdeutscher Muttersprache ergibt laut Hansen kein Problem: „Die ausländischen Schüler lernen mit der gleichen Motivation wie ihre deutschen Mitschüler. Die sind froh, daß die Deutschen das auch noch nicht so gut können.“ Corinna Budras