Das Portrait
: Blues ohne Plattheiten

■ Luther Allison

Für ihn war Musik harte Arbeit. Unter drei Stunden, meist ohne Pause, gab er kaum ein Konzert. Die Zuhörer bekamen überzeugenden, zeitgenössischen, lauten Blues für ihr Eintrittsgeld. Seine Fangemeinde wuchs langsam, aber kontinuierlich – und blieb vor allem loyal.

Es waren die langen Gitarrenimprovisationen, mit denen er Blues in die Gegenwart transportierte, mit Elementen aus Soul und Rock. In jüngerer Zeit machte er auch Texte ohne das Alkohol-und-Weiber-Klischee, mit dem viele Bluesmänner noch behaftet sind.

Allison, 1939 in Arkansas geboren, kam 13jährig nach Chicago. Muddy Waters' Sohn und er gingen in dieselbe Schule, und irgendwann einmal schnappte er sich für ein paar Minuten die Gitarre des Bluestitanen und probierte darauf herum. Die Töne, die er hörte, gefielen Luther genug, um ein eigenes Instrument von seinem Schuhmacherlohn zu kaufen. Seine Lehrmeister in zahllosen Clubsessions waren Magic Sam, Otis Rush, Freddy King und Buddy Guy.

Ein Abstecher nach Los Angeles, unter anderem Plattenaufnahmen mit Big Mama Thornton und Shakey Jake, brachte keinerlei Erfolg. Allison kehrte nach Chicago zurück, nahme seine erste LP unter eigenem Namen auf, wurde mehrere Jahre in Folge der Star des Ann Arbor Blues Festivals, was zu drei Alben auf Motown/ Gordy führte. Unerklärlich bleibt, warum er in den siebziger Jahren in den USA einfach nicht aus der Clubszene herauskam, sich keine weitere Plattenfirma für ihn interessierte. 1984 zog er nach Paris, tourte durch Europa, nahm ein Dutzend LPs auf.

Künstlerischen, kreativen Stillstand kannte er nicht, wenn deswegen auch nicht zwangsläufig jedes Album besser als das vorherige wurde. Mit einigen setzte er sich doch zwischen zwei Stühle: Blues und Rock vermischt mochten viele nicht. Erst seine neuen, in den USA aufgenommenen CDs zeigen ein wirklich eigenes Profil. „Soul Fixing Man“ bezeichnete Allison als seine beste. Zu Beginn seiner USA- Tournee vor wenigen Wochen sagte er: „Ich halte meine Musik für internationales Material, das jeden befriedigen kann. Ich werde dahin gehen, wo ich geliebt werde.“ Sein Weg dorthin wurde jäh unterbrochen: Am Dienstag früh starb Luther Allison, fünf Tage vor seinem 58. Geburtstag, in Madison/ Wisconsin an den Folgen von Gehirntumor und Lungenkrebs. Norbert Hess