STN Atlas: 700 Jobs auf der Kippe?

■ IG Metall rechnet mit starkem Stellenabbau / Der neue STN-Boß Krischer soll angeblich Mitarbeiter gegen das Betriebsverfassungsgesetz entlassen / Betriebsrat bestätigt die Vorwürfe

Die IG Metall Bremen rechnet mit einem umfangreichen Stellenabbau bei STN Atlas Elektronik. „Ich gehe davon aus, daß in den kommenden Monaten mehrere hundert Stellen abgebaut werden“, sagt Inge Lies-Bohlmann von der IG Metall. Damit bestätigt sie Befürchtungen der STN-Azubi-Vertretung. Wie berichtet, hatte die sich erst vor kurzem an die Öffentlichkeit gewandt – mit den bedeutungsschwangeren Worten: „Uns steht eine schwere Zukunft bevor, freut Euch nicht zu früh!“Anlaß waren Äußerungen des neuen STN-Chefs Gerhard Krischer zur Zukunft des Unternehmens. Krischer war kurz zuvor von dem Übernehmer Rheinmetall installiert worden.

Nach Informationen von Lies-Bohlmann soll zunächst das komplette Rechenzentrum in Bremen aufgelöst werden. Dort arbeiten zur Zeit 90 Angestellte. Ihre Stellen sollen angeblich an einem anderen Rheinmetall-Standort zusammengelegt werden. Die STN-Öffentlichkeitsarbeit existiert nicht mehr – weder in Hamburg noch in Bremen. Ihre Aufgaben besorgt jetzt die Rheinmetall-Zentrale. „Und wir sind sicher, daß weitere Querschnittsressorts folgen werden“, so Lies-Bohlmann. Insgesamt arbeiten bei STN etwa 400 der insgesamt 4.500 STN-Mitarbeiter in diesen Abteilungen. Das umfaßt die Bereiche Personal, Finanzen, Controlling, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und das Rechenzentrum.

Der Vorsitzende des STN-Gesamtbetriebsrates, Erik Merks, bestätigt dies: „Noch ist vieles davon Spekulation, da Krischer sein Sanierungskonzept nicht vorgelegt hat. Wir gehen aber von einem Verlust von 500 Stellen aus.“Dies sei von der Geschäftsführung nie dementiert worden. Auch müsse man mit der Auslagerung von großen Abteilungen rechnen.

Zu den 500 Angestellten gesellen sich noch einmal 200 Stellen aus der Feuerleittechnik hinzu. Die sollen nach einem Beschluß des Bundeskartellamtes zusammen mit dem Panzerbauer Krauss-Maffei in einer neuen Gesellschaft untergebracht werden, um die Auflagen des Bundeskartellamtes zu erfüllen. Ob die neue Firma ihren Sitz in Bremen haben wird, bleibt abzuwarten. Theoretisch könnten die angeblichen Pläne Bremen den Verlust von zunächst 700 Arbeitsplätzen bescheren.

Wie Krischers Vorhaben konkret aussieht, will er am 28. August offenbaren. Vorher gebe er „keine Regierungserklärung ab“, hieß es unlängst. Daß er sein Sanierungskonzept noch nicht vorgelegt hat, geschieht nach Angaben der IG Metall jedoch absichtlich. „Zur Zeit geht Krischer durch die Abteilungen, sagt stets –überflüssig' und bestellt die Angestellten später in die Personalabteilung. Dort haben dann schon mehrere Personen ihren Auflösungsvertrag unterschrieben – ohne so recht zu wissen, was sie da tun.“Laut Lies-Bohlmann ist das ein klarer Verstoß gegen das Betriebsverfassungsrecht. „Der Betriebsrat muß bei solchen Quasi-Kündigungen angehört werden. Solange Krischer aber kein klares Konzept vorlegt, sind dem Betriebsrat im Nachhinein die Hände gebunden.“Um eine einstweilige Verfügung gegen solche Kündigungen zu erreichen, müßte ein Sanierungskonzept her, wonach dann ein Sozialplan ausgehandelt werden kann. STN-Chef Gerhard Krischer selbst äußerte sich trotz mehrfacher Anfrage nicht

Jens Tittmann.