Rum haut ihn nicht um

■ Harald Juhnke gab sich im CCH als Stehaufbügeleisen

Das Gutfinden von Harald Juhnke zieht sich durch sämtliche gesellschaftliche Sphären, Begründungen gibt es so viele wie Meer am Sand. Zunächst spricht für ihn, daß er „der deutsche Sinatra“ ist, dann seine jahrzehntelange Omnipräsenz auf Bühne, Bildschirm und Titelblatt. Auch zugute hält man ihm seine „Berliner Schnauze“ und sein „Augenzwinkern“. Für interessant wird gehalten, daß Juhnke nicht trotz, sondern gerade wegen seiner zeitweiligen Alkoholexesse und Klein-Mädchen-Skandale so beliebt ist. Er, so das Volk, ist einer von uns.

Auch wird als angenehm empfunden, daß Juhnke noch mit 65 „so vital“ ist. Ist er das tatsächlich? Ja, er ist. Locker tänzelnd durchmaß er Samstag in Hamburg die Bühne im CCH, flügelleicht swingend begleitet von Paul Kuhn und seiner Kapelle. Juhnke legt los, nennt „soviel Dampf wie ein Bügeleisen“ sein eigen. Er tanzt und singt und witzelt, und das Publikum „gibt seine Sorgen an der Garderobe ab“. Dagegen ist nicht viel zu sagen, wenn sie es nur wirklich täten. Doch miesmuffelig wird dreingeschaut, trotz Aufforderung wird „New York, New York“ („Berlin, Berlin“) nicht ausdauernd beklatscht. Doch Juhnke vergibt, wird zotig, so muß es doch klappen. Gehäuft bringt er nun kleine Scherze unter, die seine Affinität zu Alkohol und Seitensprüngen zum Gegenstand nehmen.

Das Bühnenbild besteht aus Großstadtskyline, einer Treppe, die er ständig rauf und runter hoppelt (Metapher!) und einem Telefon. Letzteres ermöglicht verzichtbare Hallervordeneske Sketche. Juhnkes Botschaft jedoch ist einfach und persönlich vorgelebt. Rum haue ihn „nicht um“, Gin mache ihn „nicht hin“. Das wollen wir hören, dann ist ja doch nicht alles so schlimm. Stehaufmännchen Juhnkes Devise lautet „Barfuß oder Lackschuh“, „My way“ bezeichnet er als „meine Nationalhymne“.

Angenehm undeutsch hangelt Juhnke nach dem richtigen Leben. Vielleicht geht er jedoch manchmal ein Lächeln zu weit, „Mäckie Messer“ der seine Zähne „im Gesicht, ja wo denn auch sonst“ trägt, eignet sich nun mal nicht zur komödiantischen Stand-up-Swingschnulze.

Benjamin v. Stuckrad-Barre