Poesie der Alster

Wenn Hamburger Lehrer und Autoren für das literarische Wohl von Schülern speisen  ■ Von Christian Schuldt

Wer sich am Donnerstagabend mit voyeuristisch-literarischen Motiven zum Institut für Lehrerfortbildung (IfL) begeben hatte, wurde zumindest teilweise enttäuscht. Denn das angekündigte „literarische Buffet“aus „ungeschälten Knoblauchzehen, Bärenschenkeln und Käsesoße“, bei dem 30 Hamburger SchriftstellerInnen „auslöffeln müssen, was sie ihren Lesern an kulinarischen Köstlichkeiten vorgesetzt haben“, war zwar aufgetragen, verweilte jedoch stundenlang unberührt im Hintergrund.

Dafür trat der eigentliche Anlaß des Literatur-Fressens um so deutlicher hervor: die Unterstützung des Friedrich-Bödecker-Kreises. Diese 45köpfige Gruppe von DeutschlehrerInnen wollte mit den eingeladenen Hamburger AutorInnen nach Wegen suchen, wie mehr von ihnen „als bisher in die Klassenzimmer“zu locken seien. Sie habe den „Traum“, beichtete Ingrid Röbbelen vom IfL, „daß jede Schule ,ihren' Autor hätte“; Bernd-Axel Widmann vom Amt für Schule konstruierte schwärmerisch eine romantische „Poesie der Alster“wider die elbmäßige Pfeffersack-Mentalität.

Bodenständiger zeigten sich da die anwesenden Lehrkräfte, die kräftig geköchelt hatten, auf daß ihren Schülern die bitteren Deutschstunden noch weiter versüßt werden durch die praxisbezogene Begegnung mit „echten“Autoren.

Allein, die Lektion in Sachen Leckereien wurde zunächst noch nicht erteilt, und das Kulinarische verblieb im Literarischen. Die Kostproben, die die dreiundzwanzig geladenen Literatinnen und Literaten aus ihrem ×uvre rezitierten, ergaben einen Querschnitt durch einen mehr oder minder konventionellen Küchen-Kosmos: Das Angebot reichte von Chips und Cola (Christa Laas) über NDR-Kantinenkartoffelsalat (Annemarie Stoltenberg) und Märchen-Zuckermänner (Svende Merian) bis zu profanen Lungenbrötchen (Michaela Hoepffner). Auch Peggy Parnass, obgleich in eher trauermahlmäßiger Gewandung erschienen, wußte von exotischen Salaten zu berichten.

Zu den wenigen poetischen Pralinés, die in diesem etwas bemühten Rahmen tatsächlich kredenzt wurden, zählten ein Gedicht über das Schlachten und Einverleiben von Schatten (Monika Köhler) und vor allem die absurd-minutiöse Schilderung eines norddeutschen Hochsommer-Hechtessens, die Uwe Herms zum Abschluß verabreichte.

Nach diesem literarischen Höhepunkt durfte schließlich doch noch zum zitathaften Verzehr am Buffet übergegangen werden. Die ursprüngliche Frage des Abends, wie SchülerInnen und SchriftstellerInnen näher zueinanderfinden könnten, war da schon lange in Vergessenheit geraten.