Mit den Kastagnetten kasteit

■ Die „Carmen“der Cuarda de Sevilla als Mysterienspiel

Soldaten rechts und links, musikalisch bewaffnet mit Hörnern und Schlagwerk. Ein Tor, das mit seinen Glocken dem Zuschauer in der Staatsoper anzeigt, daß die ernste Stunde dieser Deutschlandpremiere geschlagen hat. Die „echte“Carmen der Cuadra de Sevilla kommt zu ihrer historischen Richtigstellung auf die Bühne und mit militärisch anmutender Lautstärke. Repräsentiert und kommentiert durch den gewichtig klagenden cante flamenco ihrer weiblichen Gewährsleute, stolze andalusische Zigarettenarbeiterinnen wie sie, hält sich die Carmen (Lalo Tejada) dieser Inszenierung von jeder spielerischen Freiheit und jeder spöttischen Lust weit entfernt. Diese Frau verliebt sich in aller Ehrenhaftigkeit und schwärmerischen Demut (Carmen kniend vor José). Ganz so, als wolle Regisseur Salvador Tvoras jedem Zuschauer unter Strafe verbieten, schlecht über die andalusische Schöne zu denken, zerlegt er das Bühnengeschehen um die „Legende“der Carmen in einzelne sinnfällige Stationen ihres märtyrergleichen Weges: Carmen versunken tanzend, den Blick beschwörend auf das Messer und die Rose gerichtet, Liebe und Tod von Anfang an schicksalhaft miteinander verbindend. Carmen als das Opfer der Männer.

Die liebende Carmen in weißer Bluse, die erstaunlicherweise abgetrennt von der stolzen und rotgewandeten Carmen erscheint, und nicht zuletzt die kämpferische Heroin, die sich im Einsatz für die Rechte der Rechtlosen verdient macht. Innerhalb dieser abgesteckten Grenzen verharrt das Vokabular der Aufführung mit seinen eher stereotypen Schrittfolgen und den zum Teil peinlichen dramaturgischen Kunstgriffen.

Die filigranere Begleitung der Gitarristen (Manuel Berraquero, Joaquin Amaya), die Gesten des Flamenco, das Zu- und Gegeneinander Carmens und Don Josés (El Mistela) – sie können sich von diesen Vorgaben nicht lösen. Zu eng liegt das fundamental-folkloristische Rollen-Korsett, das mit scharfer Marschmusik vor allem den Tänzern die Bewegungen diktiert und die Richtung vorgibt. Ein spannender Gegenentwurf zum französischen Opernbild ist dabei ausgeblieben. Es sei denn, man kann sich mit dem Gedanken anfreunden, daß Carmen sich ab jetzt zur keuschen Verklärung und zum reinen Opfer eignet.

Elisabeth Wagner

bis zum 31. August, tägl. 20 Uhr (außer 19., 28., 29. August), samstags 18 und 20 Uhr, sonntags 19 Uhr