„Klassisch, gesittet und sehr sauber“

Kontroverse um geplante Klassikkonzerte im Altonaer Jenisch-Park  ■ Von Achim Fischer

„Mir geht es nicht nur um Schutz für irgendwelche Enten oder seltene Gräser“, stellt CDU-Mitglied Hans Wilhelm Vahlefeld auf dem Podium klar. Und etwas kräftiger, langsam und deutlich betont der Fernsehjournalist mit markanter Stimme: „Ich will endlich auch einmal die Menschen schützen vor dieser ewigen Kommerzialisierung.“Donnernder Applaus.

Die meisten Zuhörer der Diskussionsveranstaltung um die Zukunft der Altonaer Parks sind gegen die geplanten Klassik-Konzerte im Jenischpark. Weil sie bleibende Schäden in der Anlage befürchten. Vor allem aber, weil sie keine kommerzielle Nutzung der naturnahen Landschaft wollen. „Lassen Sie uns doch diese Oase“, ruft eine alte Dame aufgeregt in Richtung des Veranstalters auf dem Podium. „Wenn man mit Klassik-Konzerten anfängt, weiß man nicht, wo es einmal endet. Das ist das, was uns so Angst macht.“Wieder Applaus.

Der amerikanische Veranstalter IMG möchte im nächsten Jahr an fünf aufeinanderfolgenden Abenden Klassik-Konzerte im Jenisch-Park anbieten. Die große Wiese vor dem Jenisch-Haus soll dafür abgesperrt werden – „keineswegs mit hohen Zäunen“, beeilte sich Christian Pirzer zu betonen, der Chef der Hamburger IMG-Niederlassung. Sondern mit „niedrigen Zäunen, die sich wunderbar in die Landschaft einpassen“. Die Fläche würde lediglich von 17 bis 23 Uhr gesperrt. Der übrige Park stünde der Öffentlichkeit selbstverständlich wie immer zur Verfügung.

5000 Besucher pro Abend erhofft sich der Veranstalter. „Die pinkeln und kacken doch alles voll“, ereifert sich ein Zuhörer. Diese Besucherzahlen könne der Park nicht verkraften, formulieren andere. Wie es um Würstchenbuden stehe, um Toilettenhäuschen? Wie der Rasen 5000 Menschen und 20.000 Stuhlbeine aushalten soll? Und dann müßten ja wohl auch Lkws über Wege und Wiesen fahren?

Fragen, die Hamburgs IMG-Chef nicht überraschen. „Würstchenbuden wird es bei uns nicht geben“, stat tdessen würden Picknick-Körbe ausgegeben. Und im Jenisch-Haus gebe es ein kaltes Menü. „Das verläuft alles sehr, sehr gesittet und sehr sauber.“Auch an Folgeprobleme sei bereits gedacht: Toiletten-Häuschen, sicher, die werde es geben, wie viele, müsse mit dem Bezirksamt geklärt werden. Open-air-Entsorger vermutet Pirzer unter seiner Kundschaft allerdings weniger. Und die Stühle würden auf spezielle Schienen gestellt, damit sie keine Abdrücke hinterlassen, die Lkw führen über eigens verlegte Platten. Sicher, der Rasen werde beansprucht. Aber: „Wir werden den Rasen selbstverständlich wieder so herstellen, wie er zuvor war“, verspricht Pirzer.

Nächster Einwand: „Ich gehe seit zehn Jahren regelmäßig ins Jenisch-Haus und muß mir dabei jedesmal Filzpantoffeln überziehen“, ruft ein Park-Liebhaber. „Und bei Ihnen spazieren dann an fünf Tagen 25.000 Leute durchs Haus.“Antwort Pirzer: Ein dicker Teppich soll das Parkett schützen.

Gegen die drohenden Schäden kann Pirzer argumentieren. Nicht aber gegen das mulmige Gefühl, jemand wolle von der geliebten Landschaft, die allen gehört, Besitz ergreifen, für privatwirtschaftliche Zwecke. „Ich habe etwas gegen diese Beliebigkeit“, erklärt Olaf Wuttke, GAL-Fraktionschef im Bezirk Altona. „Da sieht ein Veranstalter irgendeine Fläche und sagt: 'Oh ja, die will ich haben.' Und wenn er genug dafür bietet, dann bekommt er sie auch.“Statt dessen fordern Wuttke und seine Fraktion ein Konzept für die Nutzung der Parks. „Man muß die Veranstaltungen auf bestimmte Flächen konzentrieren.“Zum Beispiel auf den Derby-Park, nur wenige hundert Meter westlich des Jenischparks, auf die Trabrennbahn in Bahrenfeld oder das Volksparkstadion.

Alle drei Flächen liegen in Altona, alle drei sind konzerterprobt, bietet Wuttke Alternativen zum Landschaftspark an. „Entweder im Jenisch-Park oder gar nicht“aber will Pirzer seine Konzerte abhalten, wegen „der Verbindung mit dem historischen Hintergrund“. Diesmal pariert Wuttke. „Dann würde ich sagen: Schade, aber unter diesen Umständen gar nicht.“

Ende des Monats will IGM seinen Antrag beim Bezirksamt Altona einreichen. Die Kulturbehörde hat dem Bezirksamtsleiter bereits ihr „hohes Interesse“bekundet. Die Bezirksversammlung will nach den Wahlen im Oktober über den Antrag entscheiden.