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■ VorschlagKindheitshelden Ost: "Alfons Zitterbacke" in der Brotfabrik

Alfons ist ein kleiner Junge. Zehn Jahre alt, Stoppelkopf, Lederhose und Ringelpulli – nicht unsympathisch und keineswegs doof. Doch Alfons hat es nicht leicht. Eigentlich findet er seine Ideen ganz prima, nur seine Eltern sind nie so begeistert, wenn er mit seiner Freundin Micki zum Beispiel „Kosmonautentraining“ absolviert und deswegen einen ganzen Tag lang schweigt. Kosmonauten, so denkt sich Alfons das, essen ausschließlich Tubennahrung. Der kleine Laden führt in Tuben nur Senf, Anchovis und Mayonnaise: Kosmonauten müssen harte Kerle sein! Alfons muß nach der ersten Tube kotzen. Die Kinder in der Schule brüllen „Zitterbacke, Hühnerkacke!“ hinter ihm her. Das ist Alfons größtes Unglück – sein Familienname!

Gerhard Holtz-Baumert schuf mit „Alfons Zitterbacke“ die vielleicht beliebteste Figur der DDR-Kinderliteratur – einen freundlichen Loser, dem es vor allem an Phantasie nicht mangelt: Eigentlich wollte Alfons nur ein bißchen radfahren, aber schon saust er als Täve Schur die Straße entlang – und fällt aufs Maul. „Zitterbacke“ gab es in Form mehrerer Bücher, als Film und Langspielplatte. An Zitterbacke liebte man den Jungen, der gern ein Held wäre und der allem – ob in der Geisterbahn, ob bei der Konstruktion eines Strippentelefons – auf den Grund geht und so seine Ängste besiegt. Alfons würde es den anderen schon zeigen, auch seinem Vater (Günter Simon), der erwartet, daß endlich ein „richtiger Zitterbacke“ aus ihm wird. „Probleme sind gut“, sagt Vater Zitterbacke. „Probleme stärken den Verstand und die Nerven!“ Die komische Konkurrenz zwischen Vater und Sohn Zitterbacke war überhaupt das Schönste an der ganzen Zitterbackerei. Wenn Vater Paul, Küchenchef bei VEB Optima, seinem nicht unbedingt mutigen Alfons einen „richtigen Kopfsprung“ demonstrieren will und kläglich auf den Bauch klatscht, während Alfons im Gedrängel zufällig kerzengerade ins Wasser fällt. Wenn Papa mit Alfons angeln geht, aber nicht einen Fisch fängt, während Alfons' Eimer pappevoll ist. Die liebte ich, diese Weitergabe einer Retorten-Selbstermutigung von Loser zu Loser, auch wenn ich es damals vielleicht nicht so schön formulieren konnte. Anke Westphal

„Alfons Zitterbacke“, um 16 Uhr im Kino in der Brotfabrik, Prenzlauer Promenade 3, Weißensee

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