Börse strauchelt

■ Rekordkurssturz der Aktien an der Wallstreet. Nach Prozent des Wertes betrachtet, ist allerdings alles halb so wild

Berlin (taz/AP/dpa) – Die New Yorker Wallstreet hat am Freitag wieder den Takt der Weltbörsen vorgegeben. Seit zehn Tagen wird die Musik langsamer, der Dow- Jones-Index sinkt. Die Kombination aus 30 US-Industriewerten sank am Freitag gar um gut 247 Punkte auf 7.694,66. Das ist der größte Tagesverlust seit dem letzten Crash vor zehn Jahren. Damals im Oktober 1987 fiel der Index um 508. In Prozenten des Wertes sieht die Lage allerdings weniger dramatisch aus, weil die Kurse heute viel höher sind als damals: Der Dow fiel am Freitag um 3,1 Prozent, der weitaus umfassendere NYSE-Index um 2,2. Damals im Oktober 87 hingegen fiel der Dow Jones um 23 Prozent.

Nimmt man allerdings die Entwicklung der vergangenen sieben Tage hinzu, gab der Dow Jones immerhin um 6,4 Prozent nach. Für dieses Herumstolpern der Börse nannten die Beobachter das Zusammentreffen vor allem dreier Gründe: Einige Investoren sahen im Abschwung eine überfällige Kurskorrektur, da viele Standardwerte und andere Aktien aufgrund des Höhenflugs der vergangen Monate überbewertet gewesen seien – im Klartext: Die Börsianer haben Angst vor der von ihnen selbst entfachten Aktieneuphorie.

Auch ein von 1,84 auf unter 1,82 sinkender Dollar trug zur Nervosität bei. Wenn der Dollar wieder schwächer wird, könnte es der US- Notenbank schließlich leichterfallen, ihre Zinsen zu erhöhen und so den Dollar gegen die Inflation stark zu machen. Höhere Zinsen aber machen Aktien im Verhältnis zu Staatsanleihen unrentabler.

Selbst den Streik beim US- Markt beherrschenden Paketdienst UPS sehen manche als Grund für die Aktien-Baisse. Mit dem kompromißlosen Auftreten der Transportgewerkschaft Teamster könne sich das Verhältnis zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern fundamental verändern, hieß es. US-Firmen konnten ihre in letzter Zeit hohen Gewinne nicht zuletzt deshalb machen, weil die Gewerkschaften bei Lohnforderungen Zurückhaltung übten. Nun streiken seit knapp zwei Wochen 185.000 Arbeiter auch für höhere Löhne. In Frankfurt fielen die Kurse nach dem Taktstock von New York. Der Dax fiel am Freitag von 4.231 auf knapp 4.153 Punkte, der Computerindex Ibis, der bis zum Abend gehandelt wird, sogar auf 4.077 Zähler. Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre riet dennoch zur Besonnenheit: Auch wenn es nun gewisse Kurskorrekturen nach unten gebe, sei die Aktie „auf lange Sicht ein außerordentlich gutes Anlageobjekt“. Kurzfristig seien nach dem Kursrutsch in New York, aber auch in Deutschland sinkende Aktienkurse möglich: „Die Kurse sind ungeheuer hoch“, erklärte er. Erstaktionäre müßten genau wissen, daß es mit den Aktienkursen nicht immer nur bergauf gehe. rem