„Nicht so drängeln“

■ Der Bürgermeister wirbt per Telefon um Stimmen – auch gerne dreimal

Die WG hockt um den Anrufbeantworter. „Jetzt, gleich, da!“gibbert dessen Besitzer und drückt auf Start. „Hier ist die Hamburger SPD“, schnarrt eine Männerstimme. „Ich rufe an im Auftrag Ihres Bürgermeisters, Henning Voscherau. Wir möchten Sie bitten, am 21. September zur Wahl zu gehen.“

Voscheraus Telefonist! Der Besitzer des Anrufbeantworters ist geschmeichelt: „Na, was sagt Ihr?“Wir sagen nichts, weil gerade das Telefon im Nebenzimmer klingelte. „Hier ist die SPD“, näselt eine Frau. Dann sagt sie, daß Voscherau ihr befohlen habe anzurufen, und wir sollten wählen gehen. Nochmal? Wie viele Stimmen hat denn jeder? „Ich geh' nie wieder ran“, zürnt die WG. „Zieht den Stecker raus“, fordern Besucherinnen. Nach kurzer und geheimer Wahl findet ein dritter Vorschlag die Mehrheit: ein Gegenanruf bei der SPD. 150.000 Haushalte telefoniert die ab, erfahren wir, „in Straßen, die eine geringe Wahlbeteiligung haben.“Woher die wohl kommt, nölt die Wohngemeinschaft. „Man mag ja nicht mehr hingehen, wenn die so drängeln.“

Seitdem warten wir, daß die Partei auch unsere dritte Mitbewohnerin zur Wahl bittet. Danach können wir uns vielleicht wieder anders melden als mit „Ja, ich gehe wählen“. juw