■ Soundcheck
: Gehört: Lee "Scratch" Perry und Heute abend: Manu Dibango

Gehört: Lee „Scratch“Perry. Lee „Scratch“Perry tut gerne so, als wäre er einer von uns. Das ist zwar sehr höflich, aber eine Täuschung. Er nennt sich „Teacher“, obwohl ihm natürlich ein monarchischer Titel zustünde, weil er noch immer der unumschränkter Herrscher des Dub-Reggae ist. Und seine aus allerlei Schrott zusammengebastelte Krone spricht da eine deutliche Sprache. Schade, daß kaum 500 Gefolgsleute am Sonntag in die Fabrik gekommen sind, aber wahrscheinlich sind viele noch zu erschüttert und erschöpft von den Feierlichkeiten zum 20. Todestag des anderen Königs.

Lee „Scratch“Perry dürfte ungefähr derselbe Jahrgang wie Elvis Presley sein, aber er strahlt auch weiterhin hier unten auf der Erde. Naja, was man so Erde nennt. Wie eine Disco-Kugel oder ein futuristischer Tannenbaum reflektiert er das Spotlicht, das auf ihn gerichtet ist. Was auch an den Zivilisationsrückständen liegt, die er sich um seinen ausgemergelten Körper geschnallt hat, also kleine Spiegel, alte CDs und kaputte Kassetten. Der alte Mann macht den Mad Man, Ferkeleien und Philosophisches und Phantastisches liegen da dicht beisammen.

Wer will, kann Dub als riesigen, geheimnisvoll funkelnden Scherbenhaufen begreifen. Denn Geräusche und Geschichten sind hier tausendfach gebrochen, erzählen auf einmal ganz neue Geschichten. Und Lee „Scratch“Perry, der auch in der Fabrik Reggae-Klassiker wie „I Shot The Sheriff“nicht ganz originalgetreu nachsingt, während seine augenblickliche Begleitband The Robotniks routiniert mit dem Rhythmus nachkommt – Lee „Scratch“Perry ist noch immer der Herrscher über diesen schönen Scherbenhaufen. Völlig unangebracht sind übrigens Diskussionen darüber, ob der alte Mann nun mit jedem Jahr wirrer wird oder weiser. Das ist bei so einem wohl kaum zu trennen. Christian Buß

Heute abend: Manu Dibango. Die Liste der Könige läßt sich mit jedem Kontinent um diverse Namen erweitern. Ein afrikanischer König, gekrönt im Paris der 50er Jahre, ist Manu Dibango. Jazz, Reggae, Rap vermählt er hoheitlich und nennt sich doch nach 20 Alben schlicht „Papa Groove“. Monarchisches Understatement und die reine Wahrheit. ck

Fabrik, 21 Uhr