Wenn Tote auf die Reise gehen

■ Urnen und Särge auf dem Weg in ein neues Zuhause

Asche zu Asche, Staub zu Staub. Ruhe sanft. Bis in alle Ewigkeit? Von wegen! Nach 25 Jahre buddeln die Männer vom Friedhofsamt in der alten Grabstelle rum, um einen neuen Sarg zu versenken. Eigentlich sollten die VorgängerInnen schon verwest sein, aber manchmal stecken eben doch noch ein paar Knochen in der Erde. Die werden dann sehr diskret zusammengesammelt und pietätvoll tiefer gelegt. Der neue „Nutzer“kriegt den Platz in der oberen Erdschicht.

Eine Grabstelle kostet hier in Bremen zwischen 440 Mark (für ein anonymes Urnengrab) und 8.800 Mark für acht Quadratmeter Luxusgrab mit maximal acht Särgen. Die Knete für die Särge, Urnen und Blumen nicht mitgerechnet. Vorsicht bei extra heimeligen Stellen! Das kann ins Geld gehen.

50 Prozent Gemütlichkeitszuschlag zahlen InteressentInnen für besonders lauschige Plätzchen mit Aussicht. Es gibt aber auch Schnäppchen: Für Gräber, in denen die Särge nicht übereinander beerdigt werden können, gibt's einen Rabatt von 25 Prozent.

Eigentlich ist den Toten von der Friedhofsordnung eine Totenruhe von mindestens 20 Jahren garantiert: Wenn da nicht die lieben Verwandten wären. Die wollen ihren Toten gelegentlich in der neuen Heimat bei sich haben. Dafür gibt's bei der Friedhofsverwaltung den Fachbereich „Bestattungen“. „Wenn eine Sargbestattung noch frisch ist – das heißt knapp ein Jahr zurückliegt – geht das alles noch prima. Aber wehe,wehe, wenn der Sarg schon über zwei Jahre in der Erde lag...“, weiß ein Bestattungsfachmann, dessen Name lieber im Dunklen bleibt. In solchen Fällen rät er den Angehörigen schon vorher, mit der Umbettung noch zu warten oder nicht daran teilzunehmen. Der kritische Punkt ist dabei die fortgeschrittene Zersetzung von Leiche und Sarg. „Dann kann der Sarg beim Bergen auseinanderbrechen, oder er ist undicht und die Suppe läuft raus. Manchmal rollt auch ein Kopf durch die Gegend.“„Ekelprämie“für die Friedhofsangestellten gibt es nicht. „Das gehört mit zu den normalen Aufgaben. Generell sollte die Reise der Toten nicht unbedingt zwischen April und Oktober stattfinden, da es sonst bei der Umbettung ziemlich unangenehm müffeln kann. Die Freilegung eines Sarges bis zur Oberkante kostet übrigens in Bremen 940 Mark. Sarg aus dem Grab heben und im Leichenwagen zum Ziel befördern übernimmt dabei der auswärtige Bestatter.

Bei der Urnen-Umbettung ist das einfacher: Urne von vierzig Zentimetern Erde befreien, Bestatter in die Hand drücken und ab zum neuen Friedhof. Fürs Ausgraben einer Urne werden vorher 200 Mark fällig. Der Bestatter verlangt übrigens für solche Arbeiten immer genauso viel, wie für eine „normale“Beerdigung. Nebenbei, im Moment ist im Beerdigungsgeschäft „Flaute“, sagt der Fachmann. Stressiger wird es erst gegen Ende des Sommers, denn dann beginnt die „Beerdigungssaison“wieder. Endlich am Ziel der Reise angekommen, lautet die Devise: „Ruhe sanft. Bis in alle Ewigkeit!“Amen. Kerstin Kegel