■ Mulitkulti-Presse
: Zaza-Zeitschriften

Noch vor 30 Jahren gab es nicht einmal eine eigene Schrift. Zaza war eine Sprache der entlegenen Bergregionen Zentral- und Ostanatoliens. Wer Zaza sprach, fühlte sich als Kurde oder Türke oder einfach als Dersimer. Zaza war einfach nur die Sprache.

1963 wurde erstmals versucht, eine dreisprachige literarische Zeitschrift zu gründen, in zaza, kurmanci (nordkurdisch) und türkisch: Roja Newe (Der Neue Tag). Prompt wurde der Herausgeber als Separatist verhaftet, die Zeitschrift verboten. Erst zehn Jahre später erschienen danach wieder in einigen Zeitschriften einzelne Artikel in Zaza. In dieser Zeit gingen immer mehr Zaza-Sprecher nach Westeuropa, und ab 1980 nahmen kurdische Exil-Zeitschriften neben Artikeln in Kurmanci und Sorani (nord- bzw. südkurdisch) auch solche in Zaza auf – das ebenfalls als kurdischer Dialekt galt. Die erste von Kurden unabhängige Zaza-Zeitschrift, Ayre (Mühle), entstand dann Mitte der achtziger Jahre in Schweden: Auf der ersten Seite wurde zunächst auf Türkisch das neue Zaza-Alphabet vorgestellt, danach folgte die Zaza-Übersetzung eines Gedichtes von Pablo Neruda. 1988 wurde Ayre durch Piya (Zusammen) abgelöst, das Anfang der neunziger Jahre erste Forderungen nach einer kulturellen Eigenständigkeit der Zaza erhob. Bald erschien, ebenfalls in Schweden, auf Türkisch und Zaza Desmala Sure (Roter Schal) sowie, etwa gleichzeitig, als erste Zaza-Zeitschrift Deutschlands Ware (Sommerlager). Alle vier Monate druckt Ware seither Artikel auf Türkisch, Zaza oder Deutsch: Prosa, Gedichte, Politisches zur kulturellen Unterdrückung der Zaza, Landeskunde und linguistische Abhandlungen über die unbekannte Sprache. Auf immerhin 170 Seiten je Heft ist Ware mittlerweile angewachsen, und seit einem Jahr hat der gleiche Herausgeberkreis auch noch Tija Sodiri (Morgensonne) ins Leben gerufen, die sich alle drei Monate literarischen und mündlichen Überlieferungen des Zaza widmet. Immer mehr Zaza-Schriften erscheinen nun, Desmala Sure wiederum aus Schweden, Kormiskan, und selbst eine eigene alevitische Zaza-Zeitschrift, Pir (Der geistige Führer) aus Duisburg. Noch immer aber ist das Thema Zaza politisch heikel geblieben. Und noch immer bestreiten türkische wie kurdische Nationalisten eine kulturelle Eigenständigkeit des Zaza. Auf der anderen Seite jedoch empfinden auch viele Zaza-Sprecher selbst Forderungen nach „Freiheit der Zaza“ als neueste Auswüchse in einer unseligen Dominoreaktion des Nationalismus. Martin Greve

Ware: Postfach 1369, 72258 Baiersbronn; Tija Sodiri: Postfach 70 12 40, 60 562 Frankfurt/Main, Tel./Fax: 069-524549; Pir: Postfach 210712, 47029 Duisburg