„Die kleinen Anleger verlassen sich viel zu sehr auf Geschwätz“

■ Herbert Hansen von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre rät Anlegern, sich selbst über Unternehmen zu informieren

taz: Herr Hansen, was machen Sie selbst denn gerade mit Ihren Aktien?

Herbert Hansen: Die lasse ich schön schlummern.

Auch wenn die Aktienkurse nach unten gehen?

Sie fallen etwas im Moment, ja. In den Kursen steckt eine Menge spekulativer Luft. Aber durch Hektik darf sich kein Aktionär beeinflussen lassen. Auf lange Sicht sind und bleiben Aktien die wertvollste Anlage.

Ist es nicht doch besser, beim sich anbahnenden Rückgang auszusteigen und dann nach dem Kursrutsch wieder billig Aktien zu kaufen?

Kleinanleger steigen eh viel zu oft ein und aus. Da verdienen generell nur die Banken über ihre Provisionen. Anders sieht's bei einzelnen Werten aus, die langfristig ins Rutschen geraten. Die sollten auch Kleinanleger verkaufen – und zwar früh, um den Verlust möglichst klein zu halten. Eine alte Börsenregel sagt jedoch: „Den richtigen Zeitpunkt erwischt man nie.“

Wo sehen Sie denn die Defizite der deutschen Börsen?

Einerseits gibt es in Deutschland zu wenige Unternehmen, die an einer Börse notiert sind. Die Auswahl für die Käufer ist also klein. Und dann gibt es zu wenig private Aktionäre. Durch die Aktie der Telekom ist deren Zahl zwar um schätzungsweise eine halbe Million gestiegen. Aber diese Neuaktionäre sind auf Rückschläge gar nicht eingestellt. Schließlich wurde die T-Aktie fast wie ein Waschmittel beworben. Die Börsenneulinge müssen erst lernen, zwischen kurzfristigen Schwankungen und einer langfristigen Anlage zu unterscheiden.

Hapert es nicht auch an der Beratung?

Wir stellen immer wieder fest, daß die Beratung alles andere als optimal ist. Die Banken haben praktisch ein Monopol. Aber manche Kunden fordern auch das Goldene Kalb mit fünf Beinen. Das kann ihnen auch eine noch so ausführliche und damit für die Geldhäuser teure Beratung nicht liefern. Allgemein gilt aber: Banken neigen dazu, ihre Kunden immer wieder zu Umschichtungen zu veranlassen, weil sie dann Provisionen erhalten.

Was tun?

Kleine Anleger verlassen sich viel zu sehr auf Geschwätz. Sie müssen sich auch selbst informieren über Unternehmen, die sie interessieren; sie könnten Tageszeitungen lesen oder sich den Geschäftsbericht senden lassen zum Beispiel. Und sie dürfen nicht auf einen einzigen Wert setzen. Wer nicht genügend Geld für die Aktien mehrerer Unternehmen hat, kann ja auch in einen gemischten Fonds gehen. Interview: Reiner Metzger