Der gefünftelte Lehrling

■ Kleine Betriebe sollen sich Auszubildende teilen, fordert die GAL heute in der Bürgerschaft. Der Senat lädt zur Stellenbörse

Teppichböden zu kleben lernt die Auszubildende zuerst. Dann wechselt sie die Malerfirma, um zu sehen, wie man Wände spritzt. Ein dritter Betrieb bringt ihr bei, Kostenvoranschläge zu berechnen: eine Lehre, wie Hamburgs GAL sie vorschlägt.

Kleine Firmen sollen sich zu Ausbildungsverbünden zusammenschließen, fordern die Grünen. So könnten auch Mini-Betriebe Lehrlinge einstellen. Oder sie nach dem Rotationsprinzip austauschen, auf daß die Ausbildung umfassender werde. „200 Stellen kann man aus dem Stand damit schaffen“, schätzt Andreas Bachmann, arbeitsmarktpolitischer GAL-Sprecher in der Bürgerschaft. Dort will er heute beantragen, daß Schul- und Wirtschaftsbehörde die Ausbildungsverbünde fördern.

Ein nettes Vorhaben, loben milde die Handwerks- und Handelskammer. Note Eins in Theorie. „Wir unterstützen die Idee prinzipiell“, sagt Handelskammer-Mitarbeiterin Inge Bornemann. „Aber in der Praxis funktioniert sie nicht besonders gut.“Zu kompliziert sei die Organisation, und wer bezahlt die geteilten Azubis?

Da können auch die Behörden nicht helfen, meint Ulrich Grobe von der Handelskammer. „Das Problem ist, zueinander passende Firmen zu finden.“Geißeln möchte Grobe den grünen Antrag nicht – nur ein bißchen belächeln. „Schön, daß die GAL nach 30 Jahren auch auf diese Idee kommt.“So lange schon vermittle die Handelskammer zwischen kooperationswilligen Betrieben.

Aber weniger als beispielsweise in den neuen Bundesländern, hält GALier Andreas Bachmann dagegen. „Hamburg ist auf diesem Gebiet noch ein Entwicklungsland.“Ihn schrecken Organisations- und Finanzierungsprobleme ebensowenig wie die Angst vieler Firmen, daß die Austauschlehrlinge Betriebsgeheimnisse weitertratschen. Schließlich, argumentiert Bachmann, stehen die Ausbildungsbündnisse im Berufsbildungsgesetz. Und ein Fünftel Azubi pro Betrieb ist besser als keiner.

Weil eine ganze Lehrstelle am allerschönsten ist, organisiert der Senat am kommenden Freitag, 22. August, eine Lehrstellenbörse im Rathaus. Etwa 100 Firmen werden zwischen 8 und 10 Uhr mehr als 90 Ausbildungsplätze anbieten. Damit nicht, wie bei der vorigen Börse, größtenteils Schulklassen kommen, will das Arbeitsamt diesmal 1500 Jugendliche schriftlich einladen. Judith Weber