Visa und Goldschmuck

■ 30jähriger Libanese steht wegen Hehlerei mit falschen Pässen vor Gericht

Alles begann damit, daß Ali N. seiner Schwester helfen wollte. Damals herrschte im Libanon noch Krieg, und die Mutter von fünf Kindern wollte nach Deutschland ausreisen. Der 30jährige Küchenhelfer, der gelegentlich seine Landsleute zur Ausländerbehörde begleitete, fragte dort einen Sachbearbeiter um Rat. „Ich brauche etwas Zeit“, soll der geantwortet und versprochen haben, sich der Sache anzunehmen. Aufgrund der Zusammenarbeit in diesem und anderen Fällen muß sich Ali N. seit gestern vor dem Landgericht wegen Hehlerei verantworten. Der Behördenmitarbeiter Sch. wird gesondert verfolgt.

Zum nächsten Treffen brachte der Libanese den Paß seiner Schwester mit, in den Sch. „ein Papier“hineingeklebt haben soll. Wenig später konnte Ali N. seine Schwester in Frankfurt vom Flughafen abholen. Der Sachbearbeiter soll damals zum Dank Goldschmuck der Frau angenommen haben.

Kurz darauf bewerkstelligte der Behördenbedienstete auf Anfrage die Visa-Verlängerung zweier libanesischer Autohändler aus dem Bekanntenkreis des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft hat insgesamt 86 Anklagepunkte zusammengetragen. Ali N. soll dem Sachbearbeiter Sch. Pässe vorgelegt haben, die dann mit Aufenthaltserlaubnissen versehen wurden. Oder er soll die gefälschten Pässe an Dritte weitergegeben haben, die sie dann nach Syrien, in den Iran und nach Afghanistan sowie nach Mazedonien verkauft haben sollen.

In fast allen Fällen wurden die Flüchtlinge später bei der Einreise nach Deutschland an der Grenze abgewiesen. Trotzdem haben offenbar sowohl der Libanese als auch der Sachbearbeiter jeweils 200 bis 300 Mark pro Dokument bekommen. Der 30jährige bestreitet nicht, an der Beschaffung falscher Papiere beteiligt gewesen zu sein. Ob es sich allerdings dabei gerade um die von der Staatsanwaltschaft aufgelisteten Fälle handelt, diese für eine Verurteilung zentrale Frage will das Gericht bis September klären.

Lisa Schönemann