■ Die aktuelle Wiederholung
: Hochwertige Chuzpe

Im Fernsehen wimmelt es von Wiederholungen. Guter Anlaß für ein kritisches oder sentimentales Wiedersehen. Heute:

„Picket Fences“, täglich 16 Uhr, Sat.1

Vor Jahresfrist kam „Cracker“ über Deutschland, eine gut gemachte britische Kriminalserie, die hierzulande „Für alle Fälle Fitz“ hieß. Wenig verwundert, daß die Briten gute Fernsehstücke herstellen, eher schon, daß diese Programmierung einen derartigen Absonderungsdrang evozierte. Plötzlich wußten alle schwer Bescheid. Im Spiegel wurden uns Normalzuschauern alle Feinheiten haarklein erklärt; daß der Autor den nicht nur einmal genannten Schauplatz Manchester mit Liverpool verwechselte, war einer dieser bezaubernden Kunstfehler, die die Spiegel-Lektüre mitunter so spaßig machen. Und alle tun so, als käme Qualitätsfernsehen nur alle paar Jahre mal vor. Tatsächlich gibt es hochwertige Produktionen in einer Fülle, daß man kaum noch mitzuhalten vermag. Eine Stunde täglich erfordert allein „Picket Fences“, derzeit bei Sat.1 bereits im zweiten Durchlauf zu sehen. Wenige Worte reichen nicht, der Serie Genüge zu tun; Vergleichbares ist rar. Oder hätte je ein deutscher Serienautor die Chuzpe besessen, tanzende Diebinnen vorzuführen, Bürgermeister mit Hilfe einer natürlichen Selbstentzündung aus der Geschichte zu spedieren oder menschliche Babys von Kühen austragen zu lassen? Kennen Sie sonst noch eine Serie, in der Michelle Pfeiffer ungenannt einen winzigen Gastauftritt in der Rolle eines Mauerblümchens absolviert? Von anderen ausgefuchsten Insider-Scherzen, die man gewissen Fernsehkritikern erst wieder langwierig erklären müßte, mal ganz zu schweigen.

Samt und sonders eine beeindruckende Leistung, die um so mehr Respekt abnötigt, als der Urheber und Produzent David E. Kelley die Mehrzahl der ursprünglich im Wochenturnus ausgestrahlten Episoden selbst verfaßte. Weil es aber geschehen kann, daß selbst eingefleischte Fans mal eine Folge verpassen müssen, sind Wiederholungen eine gute Sache. Ohnehin lohnt bei „Picket Fences“ auch ein zweites Hinsehen – es soll ja sogar Leute geben, die ihre Bücher mehr als einmal lesen. „Und jetzt raus hier!“ (Richter Henry Bone) hk