Kniefall vor Bankautomat unerwünscht

■ „Ein sehr kurzes Theaterstück für Bankdirektoren“von der Aktionsgruppe hai gorgai

Montag. Tatort: Dresdner Bank am Jungfernstieg. Eigenartig sieht die in weißes Papier gekleidete Frau aus. In sich gekehrt läuft sie durch die Marmorhalle der Bank. Vor einem Schalter beginnt die Frau in hohen Tönen zu singen. Die Bankangestellte ist irritiert.

„Viele verunsichert das Frauenstereotyp, das ich spiele. Oft werde ich als verrückt abgetan“, sagt die Sängerin und Schauspielerin Michaela Caspar. Mit der Berliner Aktionsgruppe hai gorgai organisiert sie derzeit eine Serie von neun „künstlerischen Angriffen“auf verschiedene Banken innerhalb Deutschlands.

„Die deutsche Kunstszene ist im Umbruch. Gelder werden abgebaut und um an Sponsorengelder heranzukommen, findet oft eine marktorientierte Anpassung auf Kosten der künstlerischen Freiheit statt“, sagt Till Nikolaus von Heiseler, der das Konzept und den Text für das Sehr kurze Stück für Bankdirektoren geschrieben hat. „Wir haben uns dafür entschieden, statt auf der Probebühne direkt im Zentrum des Kommerzes aufzutreten. Der Anpassungsprozeß soll in diesem Theaterstück umgekehrt werden. Nicht mehr die Kunst gegen den Kommerz, sondern die Bank als Symbol für Geld und Machtstrukturen muß sich gegen den Kunstangriff wehren.“

Nervös versucht der untersetzte Filialleiter, die Situation zu überblicken. „Das Fotografieren ist verboten“, fährt er die Leute von der Presse an, die als einzige von der Aktion wußten. Derweil windet die Sängerin sich auf dem Bode, spricht Text aus dem wahrhaft „kurzen Theaterstück“. Mit herablassender Geste bückt sich eine Kundin zu ihr nieder und drückt ihr 4000 Lire in die Hand mit den Worten, sie solle dafür doch mit dem Theater bitte aufhören.

In dem zerknitterten weißen Papierkleid läuft die Frau vor den Bankauszugsautomaten und verbeugt sich. Die Polizei trifft ein. Sie wird abtransportiert. Ein komisches Gefühl bleibt. Julia Lee