Mit dem Gift auf Du und Du
: Werfthafen verseucht

■ Baggerstopp: Tributylzinn in hohen Konzentrationen in Bremerhaven

Seit einem Jahr darf im Werfthaven Bremerhavens nicht mehr gebaggert werden. Der Hafenschlamm ist mit dem Umweltgift Tributylzinn (TBT) verseucht. Vor einem Jahr hat die Bezirksregierung Lüneburg niedrigere TBT-Werte angemahnt. Sie hatte Bremerhaven das Verklappen des Schlamms in der Nordsee genehmigt. Geschehen ist bis heute nichts. TBT führt schon in niedrigen Konzentrationen zu Geschlechtsumwandlungen bei Meerestieren.

Da TBT vor allen Dingen in Schiffsfarben gegen Pilz- und Algenbewuchs an Schiffsböden vorkommt, vermutet das Hansestadt Bremische Amt Bremerhaven, daß Werften das Biozid einleiten. „Wir stehen mit den Werften im Gespräch“, sagt Amtsleiter Heinrich Gravert. Das Amt hatte den Bremer Umweltsenat um Amtshilfe in Sachen TBT gebeten. Hans-Günther Weigel, Leiter des Ressort, Abwasser in der Umweltbehörde: „Es haben noch keine Gespräche stattgefunden.“

„TBT ist für uns neu“, sagt der Bremerhavener Amtsleiter Gravert und fährt fort: „Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte im Umgang mit TBT.“

Dabei wird in Bremen und Bremerhaven schon lange nach TBT geforscht. So hat die Bremer Gesellschaft für angewandte Umwelttechnologie in einem Gutachten von 1989 erschreckende TBT-Werte im Bremer Abwasser nachgewiesen: 20.000 Nannogramm pro Liter (ng/l). Auch Industrie- und Hafengewässer (61.800 ng/l und 150ng/l) wurden untersucht. Auftraggeber für das Gutachten war das ehemalige Wasserwirtschaftsamt Bremen.

Im Gegensatz zu Bremerhaven hat Hamburg schnell reagiert. Die Arge Elbe hat Richtwerte für die Stadt entwickelt, die die hochgiftige Wirkung von TBT berücksichtigen. Die Arge teilt Baggergut in vier Klassen ein. Ab Klasse drei (bis 150 Mikrogramm pro Kilogramm, mg/kg) gilt das Baggergut als Sondermüll und darf nicht verklappt werden. Klasse vier ist hochgiftig (mehr als 250 mg/kg). Im Werfthafen in Bremerhaven haben die letzten, vom Bremer Senator für Häfen veröffentlichten Messungen 721 mg/kg ergeben, im Fischereihafen noch 394 mg/kg. Diese Schlämme wurden bislang im Wattenmeer verklappt.

Dieter Watermann hat die Wirkung von TBT auf Meerestiere erforscht. Demnach findet bei Wellhorn-, Watt- und Strandschnecken eine Geschlechtsumwandlung statt, wenn das Wasser mit 5 bis 15 ng/l TBT belastet ist. „Wenn das Sediment stark TBT haltig ist, findet auch ein TBT-Austausch mit dem Wasser statt“, meint Watermann. Das gelte auch für „ruhige Gewässer“. „Bei einer Sedimentbelastung ab 100 mg/kg aufwärts, müssen wir von einer biologischen Beeinträchtigung der Mereslebewesen ausgehen“,lautet Watermanns Fazit.

Thomas Schumacher