„Ein bißchen weniger Unfug“

Zum zweiten Mal konnte eine Frau das „Grüne Berliner Verdienstkreuz“ ergattern. BUND-Aktivistin Marianne Weno wurde gestern ausgezeichnet  ■ Von Corinna Budras

Anfang der Achtziger war es soweit: Nach der Lektüre des Buches „Energiewende“ sei ihr „ein Licht aufgegangen“, erzählt Marianne Weno, seit gestern abend Preisträgerin des Dr.-Victor-Wendland- Ehrenrings. „Ich fand die Atomenergie schon immer sehr fragwürdig“, gesteht sie. „Ich wußte aber nie, was ich dem entgegensetzen sollte.“ So wurde für sie dieses Buch das Schlüsselerlebnis für ihr umweltpolitisches Engagement. Das Jahr 1984 markiert den Anfang ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit beim BUND in Zehlendorf. Dort engagierte sie sich gegen das Waldsterben, die Sperrung der Havelchaussee und den Havelausbau. Außerdem war sie als Vertreterin des BUND jahrelang Mitglied des „Energierates“ des Berliner Senats.

Alle Jahre wieder seit 1988 verleiht die Stiftung Naturschutz Berlin den Dr.-Victor-Wendland-Ehrenring, das „Grüne Berliner Verdienstkreuz“, an Personen, „die sich um den Naturschutz in Berlin und damit um die Stadt verdient gemacht haben“. Gemäß der Stiftung Naturschutz in Berlin hat die 66jährige Marianne Weno diese Kriterien erfüllt. Somit geht der Preis in diesem Jahr zum zweiten Mal an eine Frau. Ihren Hauptverdienst sieht die Stiftung in der Aufklärungsarbeit, die die Umweltaktivistin hauptsächlich durch ihre Artikel in der von ihr 1984 mitbegründeten Berliner-Luft-Zeitung leistete. Dabei sei es laut Weno gar nicht möglich, den Erfolg ihrer jahrelangen Arbeit zu messen. „Man sieht ja schließlich nicht, ob sich etwas in den Köpfen bewegt.“ Aber sie sei auch schon zufrieden, wenn die Menschen „ein kleines bißchen weniger Unfug“ treiben würden. Den versucht sie auch bei sich selber stark einzugrenzen. „Allerdings bin ich dabei auch nicht wahnsinnig verbissen“, gibt sie zu. Deshalb hat sie auch ein Auto, das sie aber „so selten wie möglich benutzt“.

Besonders energisch wird Marianne Weno bei dem Modewort „Öko-Optimismus“, das sich in letzter Zeit breitmacht. Die neuste Ist-ja-alles-nicht-so-schlimm- Kampagne würde alles kaputtmachen, „wofür man gekämpft hat“, betont sie. Auch mit ansehen zu müssen, wie der Tiergarten „wie ein Schweizer Käse durchlöchert wird“, ärgert sie sehr. Die paar hundert Sträucher die nach der Love Parade da gepflanzt wurden, könnten den Park schließlich auch nicht mehr retten.

Ebenso bunt wie ihr umweltpolitisches Engagement ist auch ihre Vergangenheit: Kurz nach dem Krieg verbrachte sie ein Jahr in Schweden und begann dann 1949 ein Medizinstudium, das sie jedoch später für ein Studium der Kunstgeschichte und Germanistik abbrach. Ende der fünfziger Jahre wurde sie alleinerziehende Mutter und machte sich einige Jahre später mit einem eigenen Bühnenverlag selbständig. 1974 trat sie in die FDP ein, löste sich jedoch acht Jahre später nach dem Bruch der sozialliberalen Koalition von der Partei.

Die knappe Bilanz ihrer parteipolitischen Arbeit: „Ich habe viel gelernt und manche Illusionen abgelegt.“ Seitdem zieht Weno es vor, ehrenamtlich und losgelöst von jeder Parteibindung für den Naturschutz zu arbeiten. Auch jetzt — inzwischen schon im rentenfähigen Alter — denkt sie nicht daran, damit aufzuhören. Das könne sie gar nicht, meint sie und betont: „Und es kann auch nicht richtig sein, zu wissen, was los ist, und nichts dagegen zu tun.“