Gericht stellt Greenpeace kalt

■ Auf Antrag von BP frieren schottische Richter Bankkonten der Umweltschützer ein. Ölmulti will dennoch verhandeln

Shetland-Inseln (taz) – Die britische Sektion von Greenpeace kommt nicht mehr an ihr Vermögen ran. Schottlands höchstes Zivilgericht, der Edinburgher Court of Session, ließ Dienstag abend das gesamte Vermögen der Umweltaktivisten einfrieren. So soll gewährleistet werden, daß BP den von ihm verlangten Schadenersatz in Höhe von umgerechnet 4,2 Millionen Mark kassieren kann, falls das Gericht den Forderungen des Ölmultis recht gibt. Zuvor hatte das Gericht den Umweltkämpfern jede weitere Aktion gegen den Bohrbetrieb von BP untersagt. Greenpeace UK beschuldigte BP, sie mit diesem Prozeß „zerquetschen“ zu wollen.

BP rechnete vor, daß die einwöchige Greenpeace-Besetzung der Bohrplattform „Stena Dee“ vor der Westküste Schottlands das Unternehmen täglich rund 600.000 Mark gekostet habe. Erst am Sonntag hatten die Aktivisten die Plattform verlassen. Greenpeace möchte die Ausbeutung neuer Ölfelder im Atlantik verhindern. Sollte BP die Summe einfordern, müßte Greenpeace umgehend Konkurs anmelden.

Gleich nach der Urteilsverkündung bot BP der Umweltschutzorganisation Verhandlungen an: Der Multi wolle auf seine Geldforderungen verzichten, sollte Greenpeace öffentlich erklären, BPs Arbeiten am Foinaven-Feld nicht mehr zu stören. „Wir erwarten ganz sicher eine positive Reaktion von Greenpeace“, verkündete BP- Sprecher Robert Wine gestern selbstsicher. „Ich denke, wir werden nicht zu lange warten müssen.“ Er betonte, daß BPs Arbeiten an den Atlantikölfeldern allesamt juristisch vollkommen korrekt seien.

Greenpeace ließ sich nicht einschüchtern: „Wir werden der gerichtlichen Verfügung gegen uns gehorchen“, sagte Chris Rose von Greenpeace UK, „doch die Kampagne gegen die Erschließung und Ausbeutung neuer Ölfelder in Foinaven und anderswo wird weitergehen.“ BP solle vielmehr die juristische Keule fallenlassen.

Das oberste schottische Zivilgericht (Court of Session) hatte harte Sanktionen gegen Greenpeace verhängt. Ab sofort kann kein Greenpeace-Schiff mehr einen britischen Hafen anlaufen, ohne Gefahr zu laufen, beschlagnahmt zu werden. Greenpeace-Mitglieder dürfen sich nicht in der Nähe des Foinaven-Ölfeldes aufhalten, und der Kapitän der MS Greenpeace, Jon Castle, muß sich morgen vor Gericht verantworten, weil er eine einstweilige Verfügung gegen sich ignoriert hatte. Hans-Jürgen Marter