In Frankfurt stehen die Freier Schlange

■ Übernahmegerüchte treiben Aktienkurs der Commerzbank um sechs Prozent in die Höhe. Schweizer im Hintergrund

Berlin (taz) – „Die Commerzbank ist eine schöne Braut“, wirbt der Sprecher des Geldhauses. Das sehen offenbar auch viele andere so – denn der Kurs der Aktien kletterte gestern zwischenzeitlich auf den höchsten Stand aller Zeiten: 74,50 Mark. Zu Börsenschluß sackten sie zwar zurück auf 72,40 Mark – aber das sind immer noch sechs Prozent mehr als am Vortag. Im Frühjahr waren die Papiere noch für weniger als 40 Mark gehandelt worden.

Der Höhenflug resultiert nicht nur aus der allgemeinen Einschätzung, daß die kleinste deutsche Universalbank deutlich unterbewertet war. Seit Wochen kursieren Gerüchte, daß das Geldinstitut beim Konzentrationsprozeß im Finanzsektor als nächstes dran ist. Zum einen soll die Hongkong and Shanghai Banking Corp (HSBC) die Nummer sechs in Deutschland kaufen wollen. Zum anderen meldete der Informationsdienst Actien-Börse gestern, die Schweizer BZ-Bank besitze seit vergangenen Freitag 15 Prozent der Commerzbank-Anteile. „Davon wissen wir nichts“, sagten gestern unisono die Sprecher der Commerzbank und des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel. Beide müßten spätestens sieben Tage nach einem Großeinkauf von mehr als fünf Prozent der Aktien benachrichtigt werden – so schreibt es das Gesetz vor.

Bisher gehören die Papiere der Commerzbank überwiegend Pensions- und Investmentfonds. Größter Aktionär ist die Banco Central Hispanoamericana, die aber nicht einmal drei Prozent der Anteilsscheine besitzt. Sollte die BZ tatsächlich neuer Großaktionär sein, so hat ihr Chef Martin Ebner den zweiten Riesencoup in diesem Monat gelandet. Erst vor zehn Tagen verdiente er an einem Wochenende 740 Millionen Mark, als die Schweizer Bank Crédit Suisse mit der Versicherung Winterthur fusionierte. Die Kurse schnellten in die Höhe und damit auch das Vermögen von Martin Ebner, der 25 Prozent der Stimmrechte an Winterthur hielt.

Es vergeht kaum eine Woche, in der keine bedeutende Fusion im Bankensektor gemeldet wird. In Deutschland gilt die Branche noch immer als relativ zersplittert. Doch auch hierzulande schließen sich die Finanzdienstleister zu größeren Einheiten zusammen. Erst vor kurzem fusionierten die Bayerische Vereinsbank und die Hypobank zum zweitgrößten Institut der Republik mit einer Bilanzsumme von 743 Milliarden Mark. Die Bankgesellschaft Berlin und die Nord LB marschieren ebenfalls seit einigen Monaten gemeinsam und haben damit die Dresdner Bank auf Platz vier verdrängt. Auch der Dresdner wird Interesse an der Commerzbank nachgesagt. Zusammen wären sie noch vor der Deutschen Bank die Nummer eins in Deutschland. Annette Jensen