Sex ohne abgeschlossene Berufsausbildung

■ Wes Cravens „Scream“eröffnete am Mittwoch das diesjährige Fantasy Filmfest

Monster und Ungeheuer werden erst dann richtig unangenehm, wenn sie nicht mehr mit sich handeln lassen. Und der anhänglichen Anrufer in Scream, dem Eröffnungsfilm des Fantasy Filmfestes, versprüht zunächst noch den Charme eines recht kreativen Belästigers, der Drew Barrymore mit pfützenbildender Stimme für ein paar Augenblicke ihren Fertigpfannensnack vergessen läßt. Und daß die Horrorfilmfreundin um das Leben ihres Freundes im Wie-hieß-der-Mörder-in-dem-und-dem-Splatter-Ratespiel zocken kann, zeugt noch von einer gewissen Fairneß. Wenigstens solange, bis der Moderator pingelig wird und auch noch den Fußnotenteil abfragt. Sie muß ausscheiden und baumelt bald am Apfelbaum. Der einzige Star des Films ist hin. Und das schon nach zehn Minuten. Eine ganze High-School-Clique soll es noch treffen. Eine von der pickelfreien Sorte, die sich als einzige Schmuddeligkeit in einem Leben zwischen Diät-Cola und Lip–Gloss die Freude am Splattervideo leistet. In hysterischer Ausgelassenheit kommentieren sie Wes Cravens Freddy-Krüger-Sequels mit einem angestrengt derben „Shit“und schmatzen über Jamie Lee Curtis Körperbau, während sich die Arme in der Glotze wund schreit.

Der eigentliche Horror sind hier nicht die farbenfrohen Fleischwunden in glatten Clerasil-nachher-Gesichtern, sondern der amerikanische Dämon Sex-zwischen-Menschen-ohne-abgeschlossene-Berufsausbildung. Scream ist eine Persiflage, auf PC-Grotesken, wie jene High-School-Formulare, in denen verliebte Jungs ihre Vorgehensweise beim ersten Date vorab beim pädagogischen Personal protokollieren müssen.

Wes Craven, dem man nach seiner durchkalkulierten Dutzendware keine größeren Kunststücke mehr zugetraut hat, schließt mit Scream nicht nur auf amüsante Weise die Lücke zwischen Beverly Hills 90210 und Man Eater VIII. Er liefert auch ein wuchtiges Selbstbespiegelungskabinett, in dem Filmzitate, Glanz- und Elendsansichten eingeschworener Horrorgemeinden bis zur Auflösung in hohle Albernheit hin und her geworfen werden.

In Amerika hat Cravens intelligentes Popcorn-Kino immerhin ein Comeback des Hochglanz-Horrors belebt, –(Scream II ist bereits in Arbeit) – der sich vom Trash das borgt, was dem Mainstream trotz seines Dauerquentchens Tarantino fehlt. Denn so richtig warm wurde Hollywood trotz allem nie mit dem Genre des Phantastischen.

Birgit Glombitza

heute: Curdled (Red Braddock), 16 Uhr, Streits, Das Geheimnis der schwarzen Handschuh e, (Dario Argento), 16 Uhr, Metropolis, Das Stendhal Syndrom (Argento), 18.15 Uhr, Streits; Bad Taste (Peter Jackson), 18.15 Uhr, Metropolis, Gonin 2 (Ishi Takashi), 20.30 Uhr, Streits, Das Süsse der Fremden (Michael Kobs), 20.30 Uhr, Metropolis, Killers (Mike Mendez), 22.45 Uhr, Streits, Heavenly Creatures (Jackson), 22.45 Uhr, Space Truckers (Stuart Gordon), 22.45 Uhr Fama, Saviour of the Soul (Corey Yven), 0.45 Uhr, Streits