■ Kaum zu glauben: Männer haben Schreibhemmungen
: Suche Katze, schreibe Buch

Eine Katze hat neun Leben, ein Mann wiegt zehn Weiber auf, und ein Buchverlag hat meistens nur zwei Möglichkeiten: die biologisch interessierte Leserinnenschaft entweder mit Katzenbüchern oder mit Männerbüchern bei Stange zu halten. Aber was ist besser? Welcher Schwanzträger findet im dräuenden Bücherherbst mehr Beachtung? Befragen wir die neuen Herbstkataloge des Buchhandels.

Noch recht ausgewogen publiziert der Taschenbuchverlag dtv: Die Ex-Lyrikhoffnung Ulla Hahn ist einsichtig geworden und präsentiert nun „Der Mann im Haus“, während Renate Just mit „Katzen“ astrein dagegen hält. Nicht anders verfährt der Reclam Verlag Leipzig beziehungsweise Stuttgart. Schon wegen seiner west-östlichen Doppelpräsenz zum Ausgleich verpflichtet, darf dort einerseits die erprobte Männerbelletristin Margit Hähner mit „Zwei Männer sind keiner zuviel“ aufwarten (Frühjahrsdebut: „Der Marktlückenmann“), andererseits füllt „Das Katzen-Buch“ von Ulla Paulsen die marktbedingte Katzenlücke. So weit, so ausgewogen.

Eher unausgewogen tendiert hingegen S. Fischer. Obwohl traditionell der Erforschung fremder Frauen verpflichtet („Der Fischer Frauen-Atlas“), präsentiert das Verlagshaus so maskuline Titel wie „Lauter nackte Männer“, „Männer sind wie Schokolade“ oder „Ich pfeif' auf schöne Männer“. Leider stammen aber alle von einer Autorin (Tina Grube). Und die kann es doch beim besten Willen nicht schaffen, allein gegen den ständig wachsenden Katzenbuchstapel à la „Katzenliebe“ (Esther Scheidegger) oder „Der kleine Kater Samson“ (Doreen Tovey) anzuschreiben.

Ein klares Bild liefert wie immer Droemer Knaur. Er bietet nicht nur die Eva-Heller-Klassiker an, sondern auch die konkreten Folgen: „Suche Mann, biete Kleid“ (Cassandra Brooke), „Ich will Ihren Mann“ (Joy Fielding), „Unscharfe Männer“ (Martina Bick), „Ein Mann für gewisse Sekunden“ (Evelyn Holst) und „Milch macht müde Männer mausetot“ (Tamar Myers). Dagegen mann, pardon: kann weder „Knaurs großes Handbuch der Katzen“ noch „Der Hund, der Katzen rettet“ anstinken. Schon gar nicht, wenn man auch noch einen Hattrick wie Claudia Mann (!) mit ihrem Roman (!!) „Männer (!!!) aldente“ im Programm hat. Da läßt doch jede Katze das Mausen sein!

Aber wie weiter? Resignieren, so wie Kiepenheuer & Witsch, und lediglich mit einem orakelhaften Titel wie „Das Schweigen der Männer“ (Isa Lux) an die Öffentlichkeit gehen? Nein. Das ist bestimmt der falsche Weg.

Erstens schweigen unsere Katzen schon viel länger, und zweitens sollten unsere Frauen bei so viel männlichem Übergewicht dem Katzentier hilfreich zur Seite stehen. Wann drückt Droemer Knaur also „Lauter nackte Katzen“ oder „Suche Katze, biete noch ein Kleid“ in die Buchregale? Wie lange dauert es noch, bis sich meinetwegen Brigitte Kronauer („Schnurrer“) an „Katzenfutter macht kesse Katzen quicklebendig“ setzt, wann überraschen uns zum Beispiel Isolde Ohlbaum und Elke Heidenreich mit „Vierzehn Katzen sind elf zu viel“?

Wie bitte – schon geschrieben? Tatsächlich. Da, im Bertelsmann- Prospekt, steht's: Im Herbst kommt „Katzen“, darin präsentiert Isolde Ohlbaum für 78 Mark „Katzenstudien“, ein „einzigartiges Abenteuer, in dem sich die Freude des Wiedererkennens mit dem Staunen über das ewige Rätsel des Wesens Katze paart“. Wie schön, daß auch das ewige Wesen Heidenreich da mitpaart und ein einzigartiges Vorwort beigesteuert hat.

Es sind jedoch auch dringend prominente Männer gefordert. Zwar haben Robert Gernhardt („Was deine Katze wirklich denkt“, Haffmans) und der unverwüstliche Kölner Schnurrhaarfetischist Jean Pütz („Das Hobbythek-Katzenbuch“, vgs) bereits einen Anfang gemacht – aber was ist mit den anderen? Wann kriegen wir „Das Jahr im Katzenklo“ von Pit Handke, wann kommt „Der Kater-Karlo-Komplex“ von Stefan Aust, wann schreibt Harald Juhnke endlich, „Beim nächsten Kater wird alles anders“? Und wann vor allem schreiben Katzen die ersten Frauenbücher?

Wir warten auf die Frühjahrsprospekte. Oliver Schmitt