Sonnige Schulzeit

■ Das Bayernwerk sponserte Solaranlagen für 544 Schulen. Im Gegenzug erhielten die Solarzellenhersteller flächendeckend Daten über Erträge und Ausfallzeiten

„Wenn man Projektergebnisse sieht und über Jahre verfolgt, ist das einfach besser, als etwas Vorgekautes im Unterricht zu hören.“ Sehen, fühlen, schmecken, riechen, tasten – die Sinne sind's, die über Wohl und Weh entscheiden, darüber, ob etwas angepackt und umgesetzt oder wieder vergessen wird. Werden sie nicht angesprochen, bleibt zu vieles Theorie.

Auch das Thema Solarenergie ist da keine Ausnahme: Zwar gibt es dabei definitiv nichts zu schmecken und zu riechen – aber bisweilen etwas zu sehen und zu tasten, und das alles live: Weil genau dies das Verständnis fördert, ist schon allein deshalb die Initiative „Sonne an der Schule“ für Roland Oeser, Betreuungslehrer des Projekts am Adam-Kraft-Gymnasium in Schwabach, sinnvoll.

Seit Mai 1995 hat das Gymnasium einen 1-kW-Photovoltaik- Bausatz auf seinem Dach, der von Roland Oeser und einer Solararbeitsgemeinschaft betreut wird. Insgesamt 544 Schulen haben sich an einem Projekt des Bayernwerks beteiligt – von der Grund- über Haupt- sowie Berufsschulen bis hin zu Gymnasien. Jeweils im Schnitt 3.000 Mark zahlten sie für die Module und Bausätze, die einen Wert von rund 20.000 Mark haben. Die Differenz übernahmen das Bayernwerk sowie Unternehmen der regionalen Energieversorgung. Mit insgesamt rund zehn Millionen Mark subventionierten diese Betriebe von 1994 bis 1996 ein Projekt namens „Sonne in der Schule“.

Das Ziel, damit eine „Informations- und Ausbildungsoffensive“ zu starten, hat sich erfüllt. Zunächst für 100 Schulen konzipiert, mußte der Etat wegen der großen Nachfrage schnell aufgestockt werden. „Es wurde eine enorme Breitenwirkung für die Photovoltaik erzielt“, heißt es in einem Resümee des Bayernwerks.

Schüler und Lehrer als Multiplikatoren für eine neue Technik auf dem Weg zum Durchbruch im Markt – so hatten es sich die Konzernstrategen vorgestellt, und so ist es zum Teil aufgegangen. Nicht nur, daß nun auch mehrere Energieversorger außerhalb Bayerns die Idee aufgegriffen haben und es bis zum Jahr 2000 in der gesamten Republik über 1.000 Solaranlagen auf Schuldächern geben soll. Sondern einige Schüler hätten ihre Eltern bereits davon überzeugen können, daß eine Solaranlage zum Beispiel zur Warmwassererzeugung sinnvoll sein kann, hat Lehrer Oeser festgestellt.

Und mit Sicherheit hätte das Bayernwerk bei einem Mißerfolg des Schulprojekts nicht bereits sein nächstes gestartet: „Sonne im Rathaus“. Die Kommunalverwaltungen können Photovoltaik-Module mit einer Leistung von 1,3 oder 5 Kilowatt für 4.000 Mark finanzieller Selbstbeteiligung beziehen. Durch das Schulprojekt kam eine Photovoltaik-Leistung von rund 610 kWp zusammen, die Rathaus- Aktion soll weitere 900 kWp bringen.

„Vom Ansatz her ist eine solche Aktion wichtig, weil vor allem junge Menschen angesprochen werden, die sich auf Neues leichter einstellen können“, sagt Matthias Hüttmann vom Solarenergie Informations-Demonstrationszentrum solid im bayerischen Fürth.

Getragen von den vier Stadtwerken der Kommunen Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach betreute solid unter anderem das Adam-Kraft-Gymnasium während der ersten Projektphase und bot Seminare für Lehrer an. „Das Projekt war vor allem dafür gut, in den Schulen ein Verständnis für Energiebewußtsein und Energiemanagement aufzubauen“, so Hüttmann.

Um die Energieversorgung der jeweiligen Schule konnte es nicht gehen – die installierte Anlage deckt im besten Fall gerade mal 0,1 Prozent des Strombedarfs. Mehr einen „Demonstrationscharakter als einen Projektcharakter zu haben“, attestiert Roland Oeser vom Adam-Kraft-Gymnasium dem Projekt „Sonne in der Schule“.

Bis auf einen Wechselrichter, der an dieser Schule in der Nähe eines Zwischenganges installiert wurde, und an dem quasi im Vorbeigehen die jeweilige Stromproduktion der Anlage abzulesen ist, bleiben die Zellen auf dem Dach unsichtbar.

Da der produzierte Strom in das Schulnetz eingespeist wird, konnte er nicht direkt für Versuche, beispielsweise im Physik-Unterricht, genutzt werden. Dennoch: über 90 Prozent der Lehrer, die sich an den Projekten in ihren Schulen beteiligten, waren mit „Sonne in der Schule“ nach einer Umfrage des Bayernwerks zufrieden.

Auch die Schüler zogen mit. „Bei uns gab es keine Probleme, Schüler für das Projekt zu motivieren“, sagt Roland Oeser. An dem Gymnasium gründete sich nicht nur eine Arbeitsgemeinschaft Solar, die sich aus mehreren Klassen und Jahrgangsstufen zusammensetzt, um die Anlage kümmert und Daten auswertet, sondern es entstanden auch Synergieeffekte mit anderen AGs: So produzierte die Arbeitsgemeinschaft Multimedia eine eigene CD, mit der die Schüler in einer virtuellen Schule lernen können, wie der Stromverbrauch und der Kohlendioxidausstoß in die Atmosphäre mit dem Verwenden einer Energiesparlampe oder eben einer Solaranlage zusammenhängen – und wie sich deren Einsatz auf die Stromkosten der Schule auswirkt.

Doch nicht nur die Breitenwirkung macht's für den Energieversorger: Die regionalen Demonstrationsanlagen auf den Schuldächern liefern dem Bayernwerk und dem Solarzellenhersteller Siemens-Solar für Bayern fast flächendeckend Daten über Erträge und Ausfallzeiten an den Standorten und sollen „Aufschlüsse darüber geben, wie man die Anlagen optimieren kann“, so ein Sprecher des Bayernwerks. Derzeit würden die ersten Ergebnisse von einem Institut ausgewertet. Denn diese Daten zu liefern, dazu hatten sich die beteiligten Schulen vorab verpflichten müssen. Ralf Ansorge