Nachgefragt
: Schlachte-Ausbau: Rammen, Rütteln, Pressen

■ Interview mit Geo-Ingenieur Dieter Behnke über Gefahren für Altbauten

Haubesitzer an der Bremer Schlachte fürchten um ihre Häuser. Anlaß ist eine geplante Spundwand, die in der Weser eingezogen werden soll. Dabei könnten durch Bodenerschütterungen Setzrisse an den Häusern oder sogar an der Martini-Kirche entstehen, so die Befürchtungen (vgl. S. 17). Die taz sprach mit dem Ingenieur für Geotechnik und Inhaber des Grundbaulabors Bremen, Dieter Behnke, über diese Probleme beim geplanten Schlachte-Ausbau.

taz: Herr Behnke, welche Methoden gibt es, um eine solche Spundwand, wie an der Schlachte geplant, einzuziehen?

Dietrich Behnke, Ingenieur für Geotechnik: Man kann eine solche Spundwand einrammen, man kann sie einrütteln oder auch einpressen.

Wie muß man sich das konkret vorstellen?

Beim Rammen wird an einem Bagger ein sogenannter Mäkler angebracht als Führungsschlitten für ein Rammgewicht – auch Rammbär genannt. Und dieser Rammbär wird dann hochgezogen oder durch eine Explosivladung nach oben befördert, um dann auf die Spundwand wie ein Hammer herabzufallen. Dadurch wird diese dann Schlag um Schlag in den Baugrund getrieben. Beim Rütteln wird ein sogenannter Rüttler aufgesetzt. Der erzeugt schnelle Vibrationen wodurch der Sand unter der Spundwand wegbewegt wird. Beim dritten Verfahren wird eine hydraulische Presse auf die Spundwand aufgebracht und mit dem Boden verankert, weil ein ziemlich großer Gegendruck erzeugt werden muß.

Wie sehen die Kosten bei den einzelnen Verfahren aus?

Pressen ist das teuerste Verfahren – aber in der Beeinflussung für Nachbargebäude das Schonenste. Das preiswerteste Verfahren ist Rammen. Das ist zugleich mit den höchsten Erschütterungen und Gefahren für Nachbargebäude verbunden.

Dann sollte man also an der Schlachte auf die Rammtechnik verzichten?

Bevor man eine solche Entscheidung trifft, muß man erstens vernünftige Bodenuntersuchungen machen und zweitens die Nachbargebäude darauf untersuchen, wie diese gegründet sind.

Wie sehen die Bedingungen an der Schlachte aus?

Es können alte Uferbefestigungen vorhanden sein, die große Probleme für jedes Verfahren bereiten. Das haben wir zum Beispiel beim Bau der Wilhelm-Kaisen-Brücke gehabt. Dort waren einige Holzbalken aus der alten Uferbefestigung vorhanden, die zuerst beiseite geräumt werden müssen.

Zurück zur Schlachte – was kann mit den alten Baudenkmälern durch das Einbrigen einer Spundwand passieren?

Es können am Gebäude Risse auftreten, wenn die Erschütterungen unzulässig groß sind. Das ist bei den einzelnen Häusern aber sehr unterschiedlich. Wenn diese auf Pfählen gegründet sind, ist die Gefahr nicht ganz so schlimm. Problematischer wird es bei Bodengründungen. Außerdem weiß man nie so ganz, welche Spannungen sich in den alten Gebäuden bereits befinden. Ein Bauwerk, das vernünftig gegründet ist wie die Martini-Kirche auf der Martini-Insel, hat wahrscheinlich weniger Probleme als ein Gebäude in unmittelbarer Ufernähe, das bereits Versetzungen hat. Da muß man sorgfältig die Baugeschichte untersuchen. Zudem muß eine Beweissicherung an den Gebäuden erfolgen.

Was kann im schlimmsten Fall passieren?

Im Extremfall kann es passieren, daß ein Haus zusammenbricht. Aber mit vernünftigen Voruntersuchungen sollte so etwas nicht passieren. Wenn man das richtige Verfahren wählt, das bei der Schlachte vermutlich nicht das Rammverfahren ist, braucht dort niemand Angst zu haben, daß ihm das Haus über dem Kopf zusammenstürzt.

Fragen: Jens Tittmann