Haushaltsberatung als Lotteriespiel

■ Bei der gestrigen Sitzung des Koalitionsausschusses wurde eher gekleckert als geklotzt. Fugmann-Heesing für Besteuerung der Zweitwohnsitze, Dzembritzki für den Einsatz der Lottomittel

Haushalt und kein Ende. Seit 11 Uhr morgens tagte gestern der Koalitionsausschuß von CDU und SPD auf der Terrasse des Senatsgästehauses und brütete über dem Haushalt 1998. Schnelle Brüter waren nicht darunter. Bis Redaktionsschluß hatten lediglich Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) und Kultursenator Peter Radunski (CDU) das Gelände verlassen. Ein Ende der Beratungen war gestern nicht abzusehen.

„Bisher bin ich ganz zufrieden“, gab sich Schönbohm dennoch optimistisch und sprach von einer insgesamt guten Atmosphäre. Es müßten noch einige Fragen besprochen werden. Auf der kommenden Senatssitzung am Dienstag müsse man dann sehen, ob auf der Basis der bisherigen Eckwerte ein Beschluß fallen könne. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hatte für die Senatssitzung einen Beschluß angekündigt. Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) will dagegen den Haushalt nur beschließen, wenn bis dahin alle Fragen geklärt sind.

In dem 45-Milliarden-Etat des Haushalts 1998 klafft bisher noch immer ein Loch von 12 Milliarden Mark. Das Defizit soll durch Neuverschuldung, den Verkauf von Landesvermögen und Einsparungen gedeckt werden.

Durch die Besteuerung von Zweitwohnungen will die Finanzsenatorin ab 1998 rund 210 Millionen Mark einnehmen. Wer in Berlin eine Zweitwohnung unterhält, soll jährlich rund 320 Mark Steuern zahlen. Die Finanzverwaltung rechnet mit rund 30.000 Zahlenden. Als Nebeneffekt erhofft sich Fugmann-Heesing, daß Nutzer von Zweitwohnungen diese zum Erstwohnsitz machen. Damit stiege die Einwohnerzahl der Stadt, was im Länderfinanzausgleich mit 5.000 Mark pro Kopf zu Buche schlagen würde. Allein damit würden rund 170 Millionen Mark eingenommen. Die CDU will den Vorschlag prüfen.

Auf der Sparliste von Fugmann- Heesing steht auch die Kürzung von Investitionen bei der Charité. Auf den Bau eines Justizkrankenhauses soll ebenso verzichtet werden wie auf die Senkung der Fernwärmekosten. Die Bezirke sollen bis zum Jahr 2000 weitere 330 Millionen Mark einsparen. Den Vorschlag von SPD-Chef Detlef Dzembritzki, zwei Drittel der Lottomittel – insgesamt 140 Millionen Mark – für die Jugendförderung auszugeben, hat die CDU abgelehnt. CDU-Generalsekretär Gerhard Lawrentz bezeichnete dies als „unseriöse Maximalforderung“. Auch Dzembritzkis Vorschlag, den Senat von derzeit zehn auf sieben Ressorts zu verkleinern, lehnte die CDU ab. Dorothee Winden