„Mehr als zwei Museen sind nicht drin“

■ Auch diesmal wieder: 50.000 Besucher bei der langen Nacht der Museen

Nach dem großen Erfolg der langen Museumsnacht vor einem halben Jahr wagte man sich am vergangenen Samstag in die zweite Runde. Angespornt durch rund 50.000 Besucher bei der Premiere, haben sich dieses Mal doppelt so viele Veranstalter beteiligt. Für 18 Mark konnten sich die Besucher bis 2 Uhr nachts mit Hilfe von vier verschiedenen Shuttle-Buslinien auf insgesamt 27 Museen, Archive und all die anderen Orte verteilen.

Auch diesmal nutzten wieder 50.000 Besucher die nächtlichen Öffnungszeiten. Ob wegen der Einweihung des Hotels Adlon, der gleichzeitig stattfindenden Hanfparade oder einfach wegen der Hitzewelle – das große Geschiebe, Gedränge und Schlangestehen vor den Museen blieb jedoch am vergangenen Samstag aus. Die Berliner gingen ein wenig entspannter in ihre Museumsnacht. „Nur weil man für 18 Mark überall reinkommt, muß ich mir doch nicht 27 Ausstellungen antun“, sagt denn auch einer, der sich nach einer Führung durch die Käferabteilung und einem Besuch bei den Riesendinosauriern des Naturkundemuseums mit einem Bierchen für den Ortswechsel zum benachbarten Hamburger Bahnhof stärkt. „Mehr als zwei Museen sind nicht drin!“

Im Winter lag der Durchschnitt der in jener Nacht absolvierten Museen noch bei fünf. „Es hat sich normalisiert“, beurteilt denn auch Dr. Ferdinand Damaschun vom Naturkundemuseum den Publikumszulauf seines Hauses, das mit rund 250.000 Besuchern im Jahr ohnehin recht ordentlich besucht ist. „Der Steven Spielberg ist eben unser bester Angestellter“, schmunzelt der Museumsdirektor.

Manche Ausstellungsmacher öffneten ihre Pforten sogar schon am Nachmittag, wie etwa die Berlinische Galerie. Deren Hoffest stand ganz im Zeichen des neuen Wunschdomizils, dem Postfuhramt in Mitte. Ob Kleinkunst mit Kabarett, einem Live-Musikprogramm, Gemälden, Sekt- oder Bierbar: In der Museumsnacht gab es quasi nichts, was es nicht gab. Neben der feinen Hochkultur eines Bröhan-Museums und dem Minnegesang im Musikinstrumenten-Museum nahmen jetzt auch erstmals kleinere private Sammlungen am Museumsmarathon teil. Wie das Stille Museum in der Linienstraße etwa, wo neben der üblichen Dauerausstellung deutsche und russische Filme gezeigt wurden.

Oder der Heimatverein Wedding, der mit seiner Devotionalien- Ausstellung „Hahohe – Hertha BSC“ seinem Fußballverein die Ehre erweisen wollte. Weddinger Nachbarn und olé singende Fußballfans, die es sich trotz schwüler Hitze nicht nehmen lassen wollten, im blauweißen Schal aufzukreuzen, bildeten hier das Publikum.

Bei Kirmesklängen einer Hammondorgel, Bockwurst, Bier und Schinkenstulle wartete man hier auf „seine Jungs“, denn für 20 Uhr wurden die Aufsteiger zur Autogrammstunde erwartet. „Die werden aber nicht kommen“, Bernd Schimmler, der Vorsitzende des Heimatverbandes, ist total enttäuscht.

Ob es nun daran lag, daß Hertha am Abend zuvor unrühmlich gegen Wolfsburg verloren hatte, oder ob sie den Termin ihrer eigenen Ausstellungseröffnung einfach vergessen hatten, die Fans warteten vergeblich. „Die Spieler haben ihre Wurzeln vergessen“, unkt denn auch Bernd Wickmann, einer der Organisatoren der Hertha- Ausstellung. „Die kommen nur deshalb nicht, weil sie kein Geld dafür kriegen sollten!“

Lohnender war ein Besuch im Mauermuseum am Checkpoint Charlie. Hier huschte man schnell durch die Exponate, um sich dann an den Pulk junger Leute zu stellen, der sich vor den beiden ehemaligen Mauerkünstlern – und „Freunden des Hauses“ – Thierry Noir und Christophe Bouchet gebildet hat. Ausdauer im Schlangestehen sollte sich auszahlen: Die beiden Künstler bemalten fast bis zur Sehnenscheidenentzündung ihre DIN-A4-formatigen Bildchen und verschenkten ihre Werke sofort weiter an das Publikum.

Das beste Sitzfleisch bewiesen die Gäste der Bewag-Kältezentrale, wo alle sieben Folgen der deutschen Trashserie „Raumschiff Orion“ gegeben wurden. „Manche kleben schon seit 7 Uhr vor dem Bildschirm.“ Der Veranstalter Olaf Irmscher, Projektleiter der Deutschen Mediathek, die im Jahr 2000 in das Sony Center ziehen wird, amüsiert sich prächtig. Für den ersten Auftritt der Mediathek in der Öffentlichkeit hat er mit der langen „Raumpatrouille“-Nacht etwas ganz Besonderes gefunden. „Ich wollte ein Stück deutscher Fernsehkultur zeigen, das auch ein bißchen Technik in sich birgt und bei den Zuschauern gut ankommt“, erklärt Irmscher. Und das sei mit der Raumpatrouille, bei der man mit einem Bügeleisen ganze Raumschiffe lenken kann, doch wohl gelungen.

Bis 2 Uhr war die Kältezentrale bis auf den letzten Stuhl besetzt, und zwar mit Insidern, die in der Regel schon lachen, bevor Dietmar Schönherr den Mund aufmacht. Kirsten Niemann