PDS ruht sanft und still

■ Wahlkampfauftakt der Partei: Der Optimismus ist ihr größtes Problem

Berlin (taz) – Es ist nicht leicht, vom Boden abzuheben und zugleich auf dem Teppich zu bleiben. Lothar Bisky hat sich auf der PDS- Wahlkonferenz vergeblich daran versucht. „Wir werden den Einzug in den nächsten Bundestag schaffen“, rief der PDS-Vorsitzende und legte nach diesem Satz eine Pause ein. Beifall. Mitten im Jubel führte Bisky seinen Satz fort: „Wenn es uns gelingt, alle Kräfte zu mobilisieren.“ Pause. „Aber nur dann.“ Ruhe im Publikum. Bisky weiter: „Ob wir erneut in den Bundestag einziehen, ist längst nicht entschieden.“

Man könnte diesen scheinbaren Widerspruch leicht damit erklären, daß Lothar Bisky alles andere als ein begabter Redner ist und seine Sätze ständig falsch betont. Aber das wäre nur die halbe Wahrheit. Das semantische Problem ist auch ein politisches: Die PDS-Spitze muß schon von Berufs wegen Optimismus verbreiten, daß die Partei auch 1998 die Fünfprozenthürde überspringen wird. Aber genau dieser Optimismus ist das derzeit größte Problem der PDS. Die Bundestagswahlen sind für die meisten Parteimitglieder nur noch Formsache. Und so machen sie sich fröhlich an das Schachern um die begehrten Posten im Bundestag.

Der Parteispitze kann das gar nicht recht sein. Für sie ist das Rennen 1998 keineswegs gelaufen. Also hat die Parteiführung am Wochenende 300 PDS-Aktivisten nach Berlin geladen, um sie, wie es so schön heißt, für den Wahlkampf zu mobilisieren. In Wirklichkeit hat ihnen Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch die Schwächen gleich reihenweise um die Ohren gehauen: Die Partei sei nicht politikfähig, sie tue sich schwer mit ideenreichen Aktionen, ihr Witz sei verlorengegangen. Die PDS sei satt und zufrieden.

Das zweite Problem: Die weit verbreitete Stimmung „Kohl muß weg“ drohe bei vielen potentiellen PDS-Wählern sich zu verfangen und in Stimmen für die SPD oder die Grünen niederzuschlagen. Deswegen grenzt sich die PDS zunehmend von den beiden Parteien ab. Als zentrale Wahlkampflosung gab Bartsch aus: Es gehe 1. um Stimmen für die PDS, 2. um Stimmen für die PDS, 3. um Stimmen für die PDS. Den Mutmacher des Tages konnte dann Parteichef Bisky persönlich verkünden: Er wird sich als Direktkandidat im Berliner Wahlkreis Köpenick/ Treptow um ein Bundestagsmandat bewerben. Jens König

Kommentar Seite 10