Kanther stoppt Friedenszug

■ Bundesinnenminister verweigert den Teilnehmern der Friedensfahrt nach Kurdistan die Durchreise – wegen angeblicher PKK-Werbung. Bahn AG kündigt deshalb Vertrag

Göttingen (taz) – Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) hat am Wochenende den geplanten „Friedenszug Musa Anter“ von Brüssel über Deutschland ins kurdische Diyarbakir gestoppt. In einer Mitteilung der Bahn AG an die Veranstalter des „Appells von Hannover“ heißt es, es sei „leider nicht möglich, die vorgesehenen Sonderzugfahrten durchzuführen“. In dem kurzen Schreiben werden zwei Gründe für die Kündigung des Chartervertrags genannt: „1. Die Jugoslawische Staatsbahn (JZ) verweigert die Durchfahrt der beiden Sonderzüge. 2. Der Bundesgrenzschutz wird – nach Anweisung vom Bundesministerium des Innern vom 21.08.97 – die ausländischen Reisenden des Sonderzuges nicht nach Deutschland einreisen lassen.“ Das Bonner Innenministerium bestätigte gestern auf Anfrage, daß eine entsprechende Mitteilung an die Bahn AG ergangen sei.

Die Behörden verfügten über Hinweise, daß es sich bei der Fahrt um eine „Werbeveranstaltung“ für die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) handele, sagte ein Ministeriumssprecher. Die Teilnahme an solchen Veranstaltungen sei verboten und das Ausländergesetz erlaube es, ausländische Teilnehmer schon an der Grenze zurückzuweisen.

Der nach dem 1992 ermordeten kurdischen Dichter und Journalisten Musa Anter benannte Sonderzug sollte mit rund 400 Teilnehmern am Dienstag in Brüssel starten, durch mehrere europäische Länder rollen und am 1. September in Diyarbakir eintreffen. Unzählige Politiker und Prominente aus insgesamt 18 Staaten unterstützten die Aktion, mit der für ein Ende des Krieges in Türkisch-Kurdistan demonstriert werden sollte. Darunter befinden sich Bischof Desmond Tutu aus Südafrika, der Berliner Professor Ulrich Albrecht, der SPD-Europaabgeordnete Jannis Sakellariou, die grünen Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir, Angelika Beer, Ludger Volmer, Professor Norman Paech, der Vorsitzende der spanischen KP, Julio Anguita, der Autor Arthur Miller, der Dramatiker Harold Pinter, der US-Linguistikprofessor Noam Chomsky und der türkische Künstler Ahmet Kaya. Sie alle sind nun per Federstrich zu PKK-Sympathisanten abgestempelt.

„Appell“-Mitarbeiter schmieden bereits neue Pläne: Nun sollen die Passagiere im Flugzeug nach Istanbul reisen und von dort mit Bussen nach Diyarbakir gebracht werden. Reimar Paul