Unterm Strich

Die neuentdeckten „Sleepers“, die, obwohl sie gerne Musik hören, den Weg zum nächsten Plattenladen nicht finden, peilen offensichtlich das Kino an. Und das, obwohl dieses Institut auch nicht mehr so aussieht wie früher. Es heißt seit neuerem Multiplex und ist einer Erhebung des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater zufolge weiter auf dem Vormarsch. Von Januar bis Juni wurden laut Angaben der Filmförderungsanstalt in Berlin acht Multiplexkinos mit 68 Kinosälen eröffnet. Daß sich davon vier Neubauten mit 33 Leinwänden in den fünf neuen Bundesländern befinden sollen, kann nur mit der enormen Größe der deutschen Hauptstadt zusammenhängen.

Geschlossen wurden 81 Filmtheater, darunter eine im Vergleich größer gewordene Zahl von Einzeltheatern. 19 Schließungen können auf den wachsenden Konkurrenzdruck infolge der Multiplexe zurückgeführt werden. Ende Juni gab es 4.070 Kinos in Deutschland, 27 mehr als Ende vergangenen Jahres. Bis zum Jahresende 1997 werden weitere 25 Multiplex-Großkinos ihren Betrieb für die Zuschauer aufnehmen – so viele wie nie zuvor in einem vergleichbaren Zeitraum.

Doch zurück zu den Sleepers, denen über 40, die nun vermehrt in die Kinos drängen. Nach einer Studie des Allensbach-Instituts ist Kino dabei, eine neue soziale Rolle zu entwickeln.

Angesichts der Vielzahl der Fernsehkanäle und des Spielfilmangebots kann der Fernsehzuschauer mit niemandem mehr über das reden, was er gesehen hat. „Aber quer durch Deutschland, vom Ku'damm in Berlin bis zur Traumfabrik in Konstanz, laufen die gleichen Filme, die zugleich in allen Zeitungen besprochen werden“, erklärten die Sozialwissenschaftler. Wer in den neuen Woody-Allen-Film gehe, hat was mit seinen Bekannten zu reden. Das Kino ist daher auf dem besten Weg, wieder zu einem gesellschaftlichen Kommunikationsfaktor zu werden.

Veränderungen machen die Sozialwissenschaftler auch bei der Altersstruktur der regelmäßigen Kinogänger aus. Stellten die 14- bis 19jährigen 1980 noch 44 Prozent dieser Gruppe, so sank ihr Anteil bis heute auf 25 Prozent. Vor allem die 30- bis 49jährigen legten hingegen zu (von 18 auf 28 Prozent). Für die Untersuchung befragte Allensbach insgesamt rund 20.000 Deutsche.