Warum geizen?

■ betr.: „Der Präsident als Herren witz-Figur“, taz vom 25.8. 97

Was sich damals tatsächlich in Clintons Hotelzimmer in Little Rock abgespielt hat, vermögen wir von hier aus nicht zu klären, weder Du, lieber Bernd Pickert, noch ich. Nichtsdestotrotz gibst Du Deine Meinung dazu ab. Wenn's sein muß. Du siehst Clinton als Opfer seines BicMäc-Status: als „normaler Bürger“ wäre es Deiner Meinung nach nie zu einer Klage (wg. sex. Belästigung) gekommen. Wissen wir nicht.

Aber wirklich interessant ist Deine Begründung: Du sagst, wenn alles stimme, was sie (Jones) sage, stelle sich der Fall so dar, daß ein erwachsener Mann mit einer erwachsenen Frau sexuellen Verkehr haben will. „Sie will nicht und geht. Fertig.“

Falsch. Wenn alles stimmt, was sie sagt, stellt sich der Fall so dar, daß ein Vorgesetzter seine Angestellte aus privatem Interesse in sein Hotelzimmer zitiert, um dann vor ihr zu exhibieren und von ihr sexuelle Dienstleistungen zu erwarten.

Warum betonst Du eigentlich das Wörtchen „erwachsen“ so oft. Um darüber hinwegzutäuschen, daß es auch unter Erwachsenen Abhängigkeitsverhältnisse und Hierarchien gibt?! Du sagst: „Er will sexuellen Verkehr“, das heißt hier konkret, er holt seinen Schwanz raus. „Sie will nicht und geht. Fertig.“ So einfach ist das. Na klar, wenn sie nicht will, kann sie immer noch gehen. Die paar Schwänze, die sich eine Frau im Jahresschnitt von U-Bahn-Hockern, Straßeneckenstehern, Badeseespannern und Bürohengsten angucken muß. Bei Nichtgefallen kann Frau ja immer noch gehen. Warum also geizen?

Solltest Du das wirklich als sexuelles Werbungsverhalten verstehen und normal finden? Dann geh Du doch: vielleicht hilft Dir ein Gespräch mit guten Freunden. Oder eine Therapie. Oder dein Arzt oder Apotheker. Oder ein Merksatz: Es geht darum, seine Phimose erst dann zu zeigen, wenn Frau ihr Interesse daran gezeigt hat. Silvia Boy, Köln