■ Die deutsch-iranischen Beziehungen leben wieder auf
: Dialog ja, aber bitte kritisch

Irans neuer Außenminister gibt sich cool: Er habe damit „kein Problem“, erwidert Kamal Charrasi auf die Offerte der Europäischen Union. Wenige Tage zuvor hat Klaus Kinkel philosophiert, es bestehe die Möglichkeit eines Treffens der EU-Außenminister mit Charrasi am Rande der nächsten UN-Vollversammlung im September in New York. Trotz demonstrierter Gelassenheit wird die Zusammenkunft „am Rande“ in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Schließlich wird es der erste direkte Kontakt der EU mit der neuen iranischen Regierung sein – und das Interesse daran ist auf beiden Seiten groß.

Die iranische Führung weiß, daß Partner in Rußland, Zentral- und Südostasien kein Ersatz für gute Kontakte nach Europa sind. Und den Europäern sind Bindungen zu der ölreichen Islamischen Republik an der Schnittstelle zwischen Asien, Rußland und Nahem Osten viel zu wichtig, als daß sie sie anderen überlassen würden – egal, wer in Teheran gerade regiert. Hinter den Kulissen haben daher in den letzten Monaten Iraner und Europäer darüber verhandelt, wie die seit dem Mykonos-Prozeß stark beschädigten Beziehungen zu reparieren seien, ohne daß eine Seite dabei ihr Gesicht verliert. Die EU Botschafter sollten nacheinander nach Teheran zurückkehren, als letzter der deutsche, bot die iranische Führung an. Das wirke kriecherisch, hieß es aus Bonn, Deutschlands Botschafter müsse wenigstens mit einer Gruppe von EU- Kollegen anreisen. Das wiederum gefiel in Teheran nicht. In New York wird sich nun ein Modus finden, um die Beziehungen wieder zu richten.

Doch allein mit der Wiederherstellung des Status quo ist es nicht getan. Weil sich jetzt in Teheran eine vergleichsweise moderate Regierung durchzusetzen versucht, bekommen europäisch-iranische Kontakte einen neuen Wert. Der neue Präsident, Mohammad Chatami, hat eine Verbesserung der Verhältnisse innerhalb Irans und – indirekt – die Abkehr vom Terror im Ausland versprochen. Eine verantwortungsbewußte europäische Iran-Politik muß die iranische Führung nun in die Pflicht nehmen – eben weil beiden Seiten am dauerhaften Bestand der Verbindung gelegen ist. Sie kann helfen, daß das Kapitel Chatami nicht nur eine Episode bleibt, nach der sich wieder die Konservativen durchsetzen, sondern der Beginn einer viel weiterreichenden Öffnung. Würde eine solche Politik ehrlich betrieben, sie dürfte sogar „kritischer Dialog“ heißen. Thomas Dreger