Labskaus-Krise? Denkste

Die Nachfrage nach dem unsäglichsten aller norddeutschen Leibgerichte wird selbst von vermutetem BSE-Fleisch nicht geschmälert  ■ Von Sina Eckhoff

Man nehme Corned Beef, Rote Beete, Stampfkartoffeln und Bismarck-Hering, muse das Ganze zu einem grau-rosa Brei, garniere mit einem Spieglei und ... da scheiden sich die Geister. Während sich die Zugereiste mit Grausen wendet, streitet sich der Hamburger höchstens darüber, ob die saure Gurke nun reingeschnippelt oder als Beilage gereicht wird. „Labskaus eß ich sowieso nicht“, kommentiert denn auch manch egozentrische Wahl-HanseatIn den jüngsten Rindfleischskandal, nach dem Dosen, die neben Kartoffeln, roten Rüben und Hering eben auch das BSE-verdächtige britische Fleisch enthalten sollen, in Hamburger Feinkostgeschäften auftauchten.

Und wie reagieren Einheimische auf ihr in Verruf gekommenes Leibgericht? In der Bistro-Ecke des Altonaer Bahnhofes zumindest ist eine Labskaus-Krise nicht in Sicht. Wie seit Jahr und Tag wird der Eintopf jeden Freitag für 13 Mark 50 angeboten – einmal Nachschlag für lau – und auch gegessen. „Das ist ja nun ein original Hamburger Traditionsgericht“, erklärt einer der Kellner die ungebrochene Nachfrage. Zumal das Fleisch, das weiß er genau, auf gar keinen Fall aus England stammt. Der ältere Herr mit Wurstbrötchen und eindeutigem Dialekt möchte zwar morgen nicht „unbedingt Labskaus“essen, aber warum nicht nächste Woche?

Allgemein zustimmendes Nicken im Bahnhofs-Bistro. Schließlich, sagt einer, könne man ohnehin nie genau wissen, was in den Nahrungsmitteln drin ist, und woher das Fleisch stammt. Ein Vorwurf, den böswillige Menschen von jenseits der Weißwurstgrenze dem norddeutschen Nationalgericht allerdings schon lange vor BSE machten.