Erlaubt ist, was spart

■ Stiftung Alsterdorf macht Gewinn, MitarbeiterInnen schimpfen dennoch

Behinderte wohnen wirtschaftlich, seit die Stiftung Alsterdorf sich saniert. Tagsüber werden mehrere Wohngruppen gemeinsam betreut. Qualitätsbeauftragte sind unterwegs, um herauszufinden, was einzelne Behinderte brauchen. Erlaubt ist, was spart – und „das Lebensumfeld der Bewohner nicht angreift“, bilanzierte gestern der Stiftungsvorstand die vergangenen zwei Sanierungsjahre.

Zum ersten Mal, strahlte Vorsitzender Rolf Baumbach, „haben wir nicht das Gefühl, kurz vor dem Ruin zu stehen“. Die evangelische Stiftung hat Gewinn gemacht, 1996 wie in der ersten Hälfte dieses Jahres. 4,6 Millionen Mark hatte Norddeutschlands größtes Diakonie-Projekt im vergangenen Jahr übrig. Daß manche der 3200 MitarbeiterInnen ob der Neuerungen meutern, nimmt der Vorstand daher gelassen. „Natürlich geht sowas nicht ohne Reibungen“, sagte Vize Wolfgang Kraft. „Einige haben Umstellungsprobleme. Aber anders war die Betreuung nicht mehr finanzierbar.“

Vor zwei Jahren, im Dezember 1995, war Alsterdorf fast bankrott. Sozialbehörde, Kirchen und Banken tauschten daraufhin 52,1 Millionen Mark gegen das Stiftungs-Versprechen, zu sanieren und vierteljährlich Erfolge und Niederlagen zu beichten. Das klingt momentan so: Jede Wohngruppe hat ein eigenes Budget. 100 MitarbeiterInnen hat man umverteilt, aber niemanden entlassen. Die evangelische Privatschule auf dem Gelände wird Anfang 1998 ausgebaut, so daß 250 Kinder dort lernen können, und für die 713 Behinderten, die auf dem Stiftungsgelände wohnen, gibt es seit Juli 80 neue Tages-Angebote. Malen beispielsweise, gemeinsam einkaufen oder spazierengehen für Menschen, „die nicht an Förderkursen, zum Beispiel in Werkstätten, teilnehmen“, sagt Vize-Vorsitzender Wolfgang Kraft.

Die zumindest teilweise Zusammenlegung von Wohngruppen macht das nicht wett, meinen Angestellte. Kleine Gruppen, viele Betreuer – „das, was Alsterdorf eigentlich ausgemacht hat, wird jetzt nach und nach zurückgenommen“, sagt eine Mitarbeiterin. Hilft alles nichts, meint der Vorstand. „Wir schätzen, daß wir in den kommenden Jahren nochmal zwei bis fünf Prozent sparen müssen.“ juw/lian