Kultur geht auch billiger

■ Mitdenken beim Kosten senken: Wie die Kulturförderung in Bremen reformiert werden soll / Ein Zwischenbericht

In Bremen ist Kultur in aktueller Qualität auch billiger zu haben. Auf dieses Ziel hat sich offenbar eine hochkarätig besetzte Arbeitsgruppe verständigt, die im Auftrag des Senats die seit Jahrzehnten umfassendste Reform der Kulturförderung und -verwaltung gestaltet. In einem Papier, das der Leiter der Arbeitsgruppe, Bürgermeister Henning Scherfs (SPD) „rechte Hand“Reinhard Hoffmann, am frühen Dienstag abend an JournalistInnen verteilen ließ, heißt es: „Die Kultureinrichtungen stehen vor der Aufgabe, in (...) den kommenden Jahren den Zuschußbedarf aus dem öffentlichen Haushalt (...) auf das Niveau der Haushaltseckwerte abzusenken.“Doch genau die werden bis zum Jahr 2000 peu a peu um insgesamt 20 Millionen Mark gekürzt. Von einer noch im Frühjahr angekündigten „Stärkung der Kultur“kann deshalb keine Rede mehr sein – der Senat will bloß das Sparen auf intelligentere Weise organisieren.

„Wir müssen Konsequenzen aus der Haushaltsnotlage ziehen, die nicht zu einem Kaputtsparen der Kulturszene führen“, sagte Senatskanzlei-Chef Hoffmann. Wie berichtet, hat die Landesregierung deshalb im März die Neuordnung der Kulturverwaltung und Kulturfinanzierung sowie die Vergabe von Gutachteraufträgen beschlossen. Seit Anfang Juli wirken Angestellte der Unternehmensberatungen McKinsey und Culturplan in Bremen. Kurz zuvor wurden durch einen Haushaltstrick schon mal Fakten geschaffen: Die Kulturdeputation senkte mit den Stimmen von CDU und SPD die Eckwerte der nächsten beiden Jahre.

Für etwa den gleichen Zeitraum ist ein Extra-Bonus in Höhe von 50 Millionen Mark angekündigt, der die Kürzungen ausgleichen soll. Dieser Ausgleich ist noch immer nichts anderes als ein Versprechen und dient nach Hoffmann einem Zweck: „Das Geld ist eine Zwischenfinanzierung für den notwendigen Umbau.“

Doch sowohl Hoffmann als auch die Untersuchungsleiter der Gutachterfirmen, Peter Vermeulen (Culturplan) und Fritz Oidtmann (McKinsey), machten keine Angaben über Einzelheiten. Ganz allgemein anerkannte Oidtmann, daß sich die Vielfalt der Bremer Kultur sehen lassen könne, erklärte, daß Leistungen im Kulturbereich trotzdem nach rationalen Maßstäben zu messen seien, und legte – standesgemäß – eine Folie auf den Tageslichtprojektor. Unter Punkt „4. Finanzrahmenplanung“der Folie steht, wohin die Reise geht: „Potentialabschätzung zur Haushaltsentlastung“. Schließlich gilt McKinseys Credo auch in Bremen: „Wir möchten einen Wert zurückbringen, der unser Honorar dramatisch übersteigt.“In Zahlen: Rund 4,5 Millionen Mark erhält McKinsey dafür, neben der Kultur auch das Liegenschaftswesen und die Landesentwicklung zu durchleuchten.

Im Bereich Kultur, in dem der Qualitätsaspekte wegen die Firma Culturplan als Subunternehmen hinzugezogen wurde, setzen die Reformer auf die Mitwirkung der Untersuchungsobjekte. Hoffmann: „Wir brauchen das Mitdenken.“Neben der versprochenen „Zwischenfinanzierung“soll die Aussicht auf einen erhöhten Entscheidungsspielraum der Einrichtungen die Szene dazu motivieren. Doch die Zeit ist knapp, denn schon Ende Oktober sollen die GutachterInnen die vollständigen Vorschläge zur Neuorganisation abliefern. Deshalb Hoffmann: „Die Vermittlung kann nur sehr schwer zeitgerecht erfüllt werden.“

Doch was soll über die Ökonomisierung hinaus überhaupt vermittelt werden? Oidtmann: „Wir haben vom Senat aus alle Freiheitsgrade.“Das heißt: Ob künftig Schwerpunkte gesetzt oder die besagte Vielfalt mit den nach Oidtmann vielen erhaltenswerten kleinen Einrichtungen bestehen bleibt, ist offen. Hoffmann bestätigt: „Es gibt keine vorgedachten neuen Akzentsetzungen“, und bemüht das Bild von der „Quadratur des Kreises“.

Allein es paßt durchaus. Denn auch in der Kultur verbergen sich Potentiale zur Rationalisierung. Die geplanten neuen Probebühnen des Bremer Theaters, die mittelfristig zu Einsparungen führen werden, sind nur ein Beispiel dafür. Doch zugleich arbeiten die KulturpolitikerInnen der CDU/SPD-Koalition an Bedarfslisten, nach denen eine Auswahl von Kulturangeboten eben nicht billiger zu haben ist. Ob die Kunsthalle oder das Medienzentrum, denen die Koalitionäre in den nächsten beiden Jahren einen Mehrbedarf zuerkannten, wieder mit Kürzungen rechnen müssen oder die Striche anderswo gemacht werden, ist noch völlig offen.

Damit der vom Senatssprecher Klaus Sondergeld erwartete Proteststurm nur ein Stürmchen wird, sprach Hoffmann salomonisch: „Was im Jahr 2001 passiert und ob der Umbauzeitraum länger dauert, kann man noch nicht sagen.“ ck