Trügerischer Test

■ Neuer HIV-Heimtest wurde gestern vorgestellt und unverzüglich verboten

Hamburg (taz) – Die neue Gewißheit kommt angeblich aus der Dose. Gestern wurde ein umstrittener Aids-Test für den Hausgebrauch vorgestellt: Ein Bluttropfen aus der Fingerkuppe wird mit zwei Essenzen vermischt und in eine blaue Plastikbox gepackt. Bereits nach zwei Minuten soll sich auf einer Membran das mattrosafarbene Ergebnis abzeichnen. Mediziner und Apotheker zweifeln an der Zuverlässigkeit des Tests.

„NOHIV“ nennt sich der Zauberkasten, der nächste Woche zum Preis von 37 Mark frei verkauft werden sollte. Daraus wird wohl nichts: „Er darf nicht auf den Markt gebracht werden“, erklärte gestern der Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, Hartmut Schlegel. Der Aids-Heimtest sei „zulassungspflichtig und hat für Deutschland keine Zulassung“. Als „zweifelhaft“ bezeichnete der Hamburger Mediziner Jens Jarke von der Aids-Beratung der Gesundheitsbehörde die Art, wie das Verfahren vorgestellt wurde.

Die Methode sei zwar interessant, aber problematisch, weil die Betroffenen mit der „Diagnose auf der Bettkante“ alleingelassen würden. „Weder aus medizinischen, noch aus ethischen oder psychosozialen Gründen ist der Heimtest ohne professionelle Beratung vertretbar“, betonte die Fachärztin Helga Neugebauer von der Aids- Hilfe Hamburg. Der Sprecher der Hamburger Apothekerkammer hat vor den fatalen Konsequenzen des Heimtests gewarnt, dessen Fehlerquote nicht bekannt ist. Es bestehe die Gefahr, daß ein positives Ergebnis den Laien in psychische Nöte stürze, ein negatives ihn aber in falscher Sicherheit wiege. Schlimmer sei, daß der Beipackzettel für das private Labor einen Zeitraum von sechs bis acht Wochen nach der vermeintlichen Ansteckung angibt, innerhalb dessen der Erreger im Blut noch nicht nachweisbar ist. Tatsächlich kann diese Zeitspanne für das sogenannte diagnostische Fenster individuell bis zu sechs Monaten betragen. „Eindeutige Ergebnisse gibt es eindeutig nicht“, räumte ein Firmensprecher gestern ein. „Der Test ist simpel – um nicht zu sagen trivial.“ Lisa Schönemann