Serben greifen Friedenstruppe in Brčko an

■ SFOR verstärkt Einheiten in Bijeljina und Doboj. Präsidentin Biljana Plavšić gründet eine eigene Partei. Krajišnik warnt vor weiteren Einsätzen

Banja Luka/Tuzla (dpa/AFP) – Die Präsidentin der bosnischen Serbenrepublik, Biljana Plavšić, hat gestern in Banja Luka eine eigene Partei gegründet. Die rund 500 Delegierten wählten Plavšić einstimmig zur Vorsitzenden des Serbischen Volksbundes (SNS). In einer Grundsatzrede unterstrich Plavšić, daß der Volksbund für die Schaffung einer „christlich- orthodoxen, demokratischen und wirtschaftlich prosperierenden serbischen Republik“ in Bosnien eintrete. Plavšić sprach sich erneut für die Respektierung des Friedensabkommens von Dayton aus. Dieses beinhalte „die internationale Anerkennung der Serbischen Republik“, sagte sie.

Bereits gestern morgen hatten mehrere hundert, mit Stöcken und Steinen bewaffnete Serben den internationalen Polizeiposten in Brčko in Nordostbosnien umstellt. Wie ein Sprecher der UN-Polizei (IPTF) mitteilte, folgten sie einem Appell des serbischen Radios, das zur Verteidigung der örtlichen Radiostation und einem Angriff auf die IPTF und die Friedenstruppe SFOR aufgerufen hatte. In den frühen Morgenstunden seien Steine auf den Posten in der Innenstadt und auf Fahrzeuge geworfen worden. Dabei sei Sachschaden entstanden. In Bijeljina und Doboj wurden die SFOR-Truppen verstärkt. Auch dort hatte das serbische Radio die Bevölkerung aufgerufen, die IPTF und SFOR-Truppen anzugreifen.

Der stellvertretende Ministerpräsident der Karadžić-treuen Regierung, Velibor Ostojić, sagte, die SFOR habe mit der Besetzung serbischen Landes begonnen. Der bosnisch-serbische Spitzenpolitiker Momčilo Krajišnik warnte die SFOR gestern vor weiteren Einsätzen. „SFOR hat sich von einem Gast zu einer Macht gewandelt, die wir noch nicht als Besatzungsmacht bezeichnen wollen, die sich dieser Einstufung aber gefährlich nähert.“ Unterdessen verhafteten Polizeikräfte der bosnischen Serbenführung in Pale zwei hochrangige Plavšić-Anhänger in Doboj. Den beiden Abgeordneten der oppositionellen Sozialistischen Partei werde vorgeworfen, am Mittwoch die Besetzung einer Sendeanlage in Duga Njiva bei Doboj organisiert zu haben, berichtete die Belgrader Nachrichtenagentur Beta. Tagesthema Seite 3