Aus für 461 Beschäftigte bei STN Atlas

■ Neuer Geschäftsführer Krischer will 40 Millionen Mark pro Jahr einsparen / Gewerkschaften kritisieren Krischer als „eisernen Besen ohne Konzept“/ STN-Betriebsrat erhielt „Maulkorb“

Insgesamt 461 Beschäftigte von STN Atlas Elektronik müssen ihren Hut nehmen. Diesen Beschluß hat die neue Geschäftsführung um den Rheinmetall-Vertreter Gerhard Krischer dem Betriebsrat jetzt mitgeteilt. Der Löwenanteil der Jobs fällt mit 202 Angestellten im Geschäftsbereich Marine weg. Die Geschäftsführung begründet den radikalen Einschnitt im Personalbereich mit der ehemaligen Zugehörigkeit zum Vulkan.

Damals seien „die notwendigen Anpassungen trotz des dramatischen Bedarfsrückgangs der Bundeswehr seit 1990 um mehr als 50 Prozent und der Einbrüche im zivilen Schiffbau nicht ausreichend vollzogen worden“, heißt es in einer Erklärung des STN-Übernehmers Rheinmetall. Die AG hatte STN zusammen mit British Aerospace und den Badenwerken im November 1996 für 550 Millionen Mark vom Bremer Vulkan Verbund gekauft. Zur Zeit arbeiten bei STN rund 4.600 MitarbeiterInnen, etwa 3.000 davon in Bremen.

Darüber hinaus sollen jährlich 40 Millionen Mark eingespart werden, um höhere Gewinne und eine größere Kapitalrendite für die Gesellschafter zu erzielen. Um obendrein eine „höhere Entwicklungskompetenz“zu erreichen, will Krischer insgesamt 121 neue Ingenieure einstellen. Effektiv verringert sich damit der STN-Personalbestand um 340 MitarbeiterInnen.

Über die Abspaltung der Schiffselektronik vom Mutterkonzern hat die neue Geschäftsleitung noch nicht entschieden. Sollte diese tatsächlich nach Hamburg verlagert werden, gingen Bremen weitere 200 Arbeitsplätze verloren. Das gleiche könnte für 150 Stellen für das kartellrechtlich notwendige Gemeinschaftsunternehmen mit den Waffenschmieden Krauss Maffei und Wegmann, EFS, gelten.

Der Gesamtbetriebsrat von STN reagierte auf die Beschlüsse zurückhaltend. In einer Mitteilung an die Belegschaft heißt es, man werde die Einhaltung der Gesetze einfordern. Zumal der Personalabbau „nicht nach dem Prinzip der sozialen Auswahl erfolgt“. Die Betriebsratsmitglieder wollen nun zunächst mit der Geschäftsführung über Alternativen verhandeln. Dann steht ein Sozialplan auf der Tagesordnung. Weitere Kommentare zu dem Stellenabbau waren vom Vorsitzenden Erik Merks nicht zu erhalten: „Herr Krischer hat uns einen Maulkorb verpaßt“, sagte er gegenüber der taz.

Deutlicher kritisierten die IG Metall und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) Krischers neuen Kurs. Inge Lies-Bohlmann von der Metallgewerkschaft nannte die Pläne „unausgegoren. Dahinter steckt ein eiserner Besen ohne Konzept. Mit dieser Art Sanierung ist nur der Gewinn der Gesellschafter gesichert, nicht aber das Überleben des Unternehmens.“Die Neueinstellungen für die „höhere Entwicklungskompetenz“hält sie für eine Unverschämtheit. „Die neue Geschäftsführung will nur billigere Uni-Absolventen einstellen.“Sie kritisierte zudem den angeblichen Personalüberhang aus Vulkan-Zeiten, da erst 1993 insgesamt 1.500 Beschäftigte per Sozialplan entlassen worden seien.

Für Werner Klimm von der DAG liegen keine klaren Konzepte für eine zukunftsorientierte Geschäftspolitik vor, die Arbeitsplätze auf Dauer sichern könnte. Klimm bezeichnete die Entlassungswelle zudem als „unsozial. Gegen eine solche Personalpolitik, die sich auf olympiareife Jungdynamiker stützt und ältere Kolleginnen und Kollegen ins Abseits stellt, wehren wir uns heftig.“ Jens Tittmann