Billigkram hat keine Chance

■ 16 Milliarden Mark schwer, überdurchschnittliche Gehaltszuwächse und extrem markenbewußt: die Zielgruppe Kids für die Unterhaltungsindustrie besonders interessant

Der Kampf um die Kids lohnt sich – denn Kids sind reich: 15,6 Milliarden Mark sind insgesamt bei allen 6- bis 17jährigen in der Bundesrepublik zu holen. Das hat die KidsVerbraucherAnalyse (KVA) 1997 ergeben, bei der die Großverlage Springer und Bauer 2.260 Kinder und deren Eltern befragt haben.

Schon die Sechs- bis Neunjährigen haben im Durchschnitt 773 Mark gespart, die 10- bis 13jährigen 946 Mark und die 14- bis 17jährigen stolze 1.340 Mark. Am häufigsten sparen sie für den Führerschein, ein Mofa oder Fahrrad, einen Computer oder eine Stereoanlage. Monatlich stehen dem oder der durchschnittlichen 6- bis 9jährigen 17,60 Mark, dem 10- bis 13jährigen 37 Mark und dem 14- bis 17jährigen 93 Mark zur Verfügung.

Und ihre Kaufkraft steigt: Laut der Schüler-Media-Analyse verzeichnen Kinder und Jugendliche jährliche „Gehaltszuwächse“ von elf Prozent – davon können Erwachsene nur träumen. Allein zwei Milliarden jährlich kommen durch das regelmäßige Taschengeld rein; dazu kommt Weihnachts- und Konfirmationsgeld, der Lohn für Zeitungen austragen oder den Vormittag auf dem Flohmarkt.

Was die Zielgruppe besonders interessant macht: Kids sind extrem markenbewußt. Billigkram hat keine Chance. Über 60 Prozent schlecken Magnum, wenn sie Eis essen. Schon von den Kleinsten favorisieren 40 Prozent adidas-Kleidung – bei den 14- bis 17jährigen sind es dann schon 60 Prozent. Mehr als jeder zweite Jugendliche besitzt eine Levis. Deshalb wollen Kids auch nicht irgendeine Stereoanlage, sondern die von Sony, Philips und Panasonic. Vermutlich nicht ganz zufällig sind das allerdings auch die größten Werbetreibenden.

Marken, das zeigen auch einschlägige Studien, sind gerade für Teenager mehr als Statussymbole: Sie „markieren“ und grenzen ab, machen deutlich, wer zu welcher Gruppe gehört. Nur wenn eine Marke das aktuelle Lebensgefühl trifft, hat sie eine Chance, wie Diesel oder Coca-Cola in den Rang eines Klassikers erhoben zu werden. Folgerichtig engagieren immer mehr Firmen eigene Agenturen, um gezielt auf Jugendliche zuzugehen. Selbst die Erfolgsmarke Coca Cola hat jetzt erstmals eine deutsche Agentur beauftragt, um auf die deutsche Identität zugeschnittene Spots zu entwickeln.

Neben Klamotten und Freßkram wird auch die Unterhaltungselektronik zu einem immer größeren Markt für junges Publikum. Zwei von drei 10- bis 13jährigen haben ihren eigenen Walkman sowie ihren Gameboy. Dann müssen Fernseher und Anlage her: „Schließlich will man ,seine‘ Musik und ,seine‘ TV-Sendungen ohne lästige Diskussionen mit den Eltern genießen“, weiß Patricia Dähn, Mitverfasserin der KVA- Studie. Doch auch auf dem Computersektor gibt es noch einiges zu verdienen: „Erst“ 18 Prozent aller 10- bis 13jährigen haben einen PC in ihrem Zimmer stehen. 39 Prozent wünschen sich einen. Von den 14- bis 17jährigen hat immerhin schon jeder dritte einen Computer. Aber dann kann man ja vielleicht schon über einen neuen nachdenken. Jeannette Goddar