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Tote in Venezuelas ärmstem Knast

Offenbar bei Kämpfen zweier Gangs um die Vorherrschaft im Drogenhandel sind im Gefängnis von El Dorado 29 Häftlinge getötet worden. Der Knast ist überbelegt und unterfinanziert  ■ Von Ingo Malcher

Buenos Aires (taz) – Bei schweren Zusammenstößen in einem Gefängnis in der venezuelanischen Stadt El Dorado sind am Donnerstag nach offiziellen Angaben 29 Menschen ums Leben gekommen, weitere 13 wurden verletzt. Wie Innenminister Hilarion Cardozo die Presse wissen ließ, seien zwei rivalisierende Banden im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses aufeinander losgegangen.

Cardozo widersprach Meldungen, wonach einige der Opfer erschossen worden seien, auch sei es ein Gerücht gewesen, daß das Gefängnis gebrannt habe. „Es gab keine Schüsse, alle wurden von Stichwaffen getötet oder verletzt“, so Cardozo. Da der Knast von El Dorado sehr weit außerhalb der Stadt liegt und das nächste Krankenhaus etwa anderthalb Stunden entfernt ist, wurden einige Verletzte erst gar nicht weggebracht.

Angeblich soll eine Gruppe, die sich „Los Orientalistas“ nennt, die andere, „Los Guajiros“, überfallen haben. Das Ganze sei „eine sehr gut durchdachte und durchgeführte Aktion gewesen“, kommentierte Cardozo. Alles sei so schnell gegangen, daß das Wachpersonal erst von dem Angriff Wind bekommen haben soll, als schon alles vorbei war. „Los Guajiros“ sind erst vor acht Monaten nach El Dorado gebracht worden und sollen einen Antrag auf Verlegung gestellt haben, weil sie um ihr Leben fürchten. Starke Rivalitäten zwischen mehreren Gruppen, die vor allem um den lukrativen Drogenhandel innerhalb der Haftanstalten konkurrieren, gibt es in allen venezuelanischen Knästen. In der Regel sind die Wärter dabei wichtige Geschäftspartner.

El Dorado liegt gut 700 Kilometer südöstlich der venezuelanischen Hauptstadt Caracas im Amazonasgebiet an der Grenze zu Brasilien. In dem feuchtheißen Klima braten etwa 380 Häftlinge vor sich hin. Wie alle venezuelanischen Gefängnisse ist El Dorado hoffnungslos überbelegt. Auf ein Bett kommen in El Dorado vier Gefangene. Im ganzen Land sind die Gefängnisse für 15.426 Gefangene ausgerichtet, es sitzen aber insgesamt etwa 25.000 Menschen ein.

Im Vergleich zu seinen Nachbarländern steckt Venezuela äußerst bescheidene Summen in den Strafvollzug. Sind es in Kolumbien 319 Dollar pro Gefangener im Monat, so kommt Venezuela gerade einmal auf 56 Dollar pro Gefangener im Monat. Der Knast von El Dorado hält dabei den Negativrekord des Landes: Die Pro-Kopf- Ausgaben für Gefangene betragen dort 18 Cents pro Tag. Es gibt keine Schuhe für die Gefangenen, nur unzureichende Kleidung und kein sauberes Wasser zum Waschen. 1990 verzeichnete das statistische Jahrbuch des Landes 200 Todesfälle in Gefängnissen, 1994 waren es schon 345.

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