Viel Geld für nichts

Bilanz der GAL nach vier Jahren Fahrradpolitik in Hamburg: Der Senat verschwendet Millionen für überflüssige Radwege  ■ Von Achim Fischer

Viel Geld für nichts – so läßt sich die gestrige Bilanz der GAL zu den vergangenen vier Jahren Fahrradpolitik in Hamburg zusammenfassen. GAL-Verkehrsexperte Martin Schmidt wendet sich gegen „die Instandsetzung intakter, aber überflüssiger Radwege“. Statt dessen fordert er Maßnahmen, wie sie die Straßenverkehrsordnung ab heute ermöglicht: RadlerInnen sollen Einbahnstraßen auch andersrum befahren dürfen. Und: Sie sollen – trotz Radwegen – auf der Straße fahren dürfen.

Nach der neuen Verordnung können Städte in Tempo-30-Zonen Einbahnstraßen für RadlerInnen öffnen. Die Hamburger Bau- und Innenbehörde wollen entsprechende Möglichkeiten überprüfen. Aber Martin Schmidt mag an sein Glück nicht so recht glauben. „Denn die Hamburger Fahrradpolitik ist zwar mit guten Vorsätzen, aber letztlich doch mit roten Betonsteinen gepflastert.“

Beispiele gefällig? Vor dreizehn Jahren wollte Bausenator Eugen Wagner (SPD) mit einem „Hauptradverkehrsnetz“dafür sorgen, „daß das Fahrradfahren bald Spaß macht“. Ein geschlossenes Radnetz gibt es bis heute nicht.

Vor sechs Jahren ersuchte die Bürgerschaft den Senat, ein neues Radverkehrskonzept zu erstellen. Nach vier Jahren erkundigte sich Schmidt per Kleiner Anfrage (Radfahren in Hamburg Nr. 52) nach dem Stand. Mittlerweile ist er bei Anfrage Nr. 75. Das Radverkehrskonzept hat er bis heute nicht.

Ein letztes Beispiel: Vor fünf Jahren legte die Patriotische Gesellschaft „sieben Punkte für eine fahrradfreundliche Innenstadt vor“. Die Maßnahmen, unter anderem: Tempo 30 innerhalb des Wallrings, Radspuren auf großen Straßen, Beschilderung der Fahrrad-Routen. „Durchweg ohne nennenswerten Kosten“seien die Maßnahmen zu verwirklichen, schrieb die Gesellschaft. „Es muß nur der politische Wille vorhanden sein.“Keiner der sieben Punkte wurde vom Hamburger Senat realisiert.

„Uns Radfahrern nutzt die neue Straßenverkehrsordnung“, freute sich gestern GAL-Spitzenkandidatin über den ungewohnten Rückenwind aus Bonn. Ab Oktober kommenden Jahres dürfen alle Städte RadlerInnen nur noch auf „zumutbare“Radwege verbannen. Nicht zumutbar sind laut Bundesvorschrift zum Beispiel Radwege unter 1,50 Meter Breite oder Routen mit Schlaglöchern. Auch hier überprüfen derzeit Bau- und Innenbehörde das bestehende Netz. Viele zumutbare Wege werden sie nicht finden. Ein Großteil der roten Pflasterstrecken ist nur 80 Zentimeter breit.

„Wir wissen inzwischen, daß abmarkierte Fahrradstreifen neben der Fahrbahn in den meisten Fällen sicherer sind als Radwege auf dem Gehweg“, gelobt denn auch Dagmar Meyer Besserung, die Fahrradbeauftragte der Stadt. Und prompt hatte die Baubehörde einen neuen Vorsatz gefunden: „Die Einrichtung von Radfahrstreifen soll künftig Priorität gegenüber dem Bau von Radwegen erhalten.“