Mission: Family Values

■ Houston wird Meisterin, und die WNBA hofft auf eine glänzende Zukunft

Berlin (taz) – Als der letzte Wurf genommen war, schien es keine Verlierer mehr zu geben. Die allererste Saison der Women's National Basketball Association (WNBA) ging am Samstag mit einem 65:51-Sieg der Houston Comets im Meisterschaftsendspiel zu Ende, und selbst die unterlegenen Spielerinnen von New York Liberty trugen nur kurz die gebotene Enttäuschung zur Schau. Geschichte wurde gemacht, darüber waren sich alle einig. Und dabeigewesen zu sein war eine große Ehre.

Die überragende Spielerin des Finales war auch die überragende Spielerin der Saison. Liga-MVP Cynthia Cooper (34) erzielte 25 Punkte und sicherte den Sieg, als sie in den letzten viereinhalb Minuten acht aufeinanderfolgende Freiwürfe versenkte. „Das ist ein großartiger Moment für mich und meine Mutter“, sagte Cooper nach dem Spiel, „sie macht gerade eine Chemotherapie durch, und wir kämpfen gegen den Brustkrebs.“ Vor elf Jahren war Cooper nach Europa gegangen, um in Italien Basketball-Profi zu werden. In diesem März erfuhr ihre Mutter von ihrer Krankheit, seitdem kümmert sich die Tochter um sie. Die rührende Geschichte ging durch die amerikanischen Medien und fügte sich trefflich ins Marketing-Konzept der WNBA, das sich vor allem auf die „family values“ stützte. Damit hoffte man die Fans zu gewinnen, die andere Profi-Ligen mit Streiks, wahnwitzigen Gehältern, Drogen- und Sex-Skandalen verloren hatten.

Und damit war man erfolgreich. 60 Prozent des Publikums war weiblich, 30 Prozent noch nicht einmal volljährig, eine völlig andere demographische Zusammensetzung als beim männlichen Pendant und Geldgeber NBA. So konnte WNBA-Präsidentin Val Ackerman bereits vor dem Finale zufrieden feststellen: „Das erste Jahr war phänomenal, unsere Erwartungen wurden in jeder Beziehung übertroffen.“ Mehr als eine Million Zuschauer kamen zu den Spielen, drei Millionen Haushalte wurden wöchentlich per TV erreicht, das Finale wurde in 165 Ländern übertragen. „Die internationalen Aussichten für die Liga sind glänzend“, glaubt Ackerman, und schickt demnächst – als „erster Schritt, um das globale Interesse an der WNBA auszubauen“ – erstmals Spielerinnen zu Camps und Spielen in die ganze Welt. So wird am 12. Oktober die deutsche Nationalfrauschaft um Centerin Marlies Askamp, die mit Phoenix Mercury im Halbfinale an New York scheiterte, gegen eine WNBA- Auswahl antreten.

Vier Frauen-Profi-Ligen scheiterten seit den 70ern aus verschiedenen Gründen. So plant man im WNBA-Hauptquartier in New York, kaum daß „die Traumsaison“ abgeschlossen ist, bereits für die Zukunft: Die Liga soll um zwei Teams auf zehn vergrößert werden, so ließ Ackerman verlauten, die reguläre Saison von bisher 28 Spielen wird verlängert und die Play-off-Struktur möglicherweise verändert. Thomas Winkler