„Vielen Dank, Kai Ebel“

Wie Schwergewichtler Axel Schulz als Höhepunkt eines RTL-Betriebsausfluges einen armen Iren fällt  ■ Von Peter Unfried

Berlin (taz) – Dieses Gesicht kann Angst einjagen. Präzisiere: Dieses Gesicht jagt Angst ein. O weh: die Augen – stählern, die Lippen – dünn und entschlossen, die ganze Erscheinung – lebensbedrohend wie eine Nacht im eisgekühlten Schlachtraum. Mindestens.

So stand also einen Meter hoch auf einem Podest Frau Barbara Eligmann und peitschte durch das RTL-Produkt „Explosiv“. Live aus der Berliner Schmeling-Halle. Funkausstellung ist's. Da ist es klar, daß das verfügbare RTL-Personal antanzt. Weil es im Kölner Sender im Moment allerdings bloß eine publikumswirksame Fachkraft gibt, war Axel Schulz wieder der, der in den Ring mußte.

Nachdem er ihn unter mächtigem Jubel wieder verlassen hatte, ging sein Trainer Manfred Wolke davon aus, „daß wir zufrieden sind, alle“. Schwergewichtler Schulz hat den Iren Kevin McBride nicht bloß geschlagen, er hat jenen Abbruchsieg bekommen, den die Branche beharrlich von ihm verlangt, obwohl sie weiß, daß er nicht der Boxer dafür ist. Diesmal: arbeitete er McBride auf bewährte, risikoarme Wolke-Art aus der Distanz müde. McBride (24) hat eine handelsüblich erworbene respektable Bilanz, ist 2,03 m groß, aber boxerisch nur rudimentär ausgebildet. Zudem war er nach sieben Runden matt, verschlief in der neunten einen linken Haken und knickte weg. Kurz darauf wurde der noch einmal aufgenommene Kampf abgebrochen, Schulz zum Technischen-K.o.-Sieger ausgerufen. Der hatte – eigentlich gegen die Wolke-Schule, aber angesichts des physischen Zustandes seines Gegners risikoarm – „alles auf eine Karte gesetzt“ (Wolke) und einen echten K.o. gesucht. Ohne ihn zu finden, versteht sich. Nur McBride kam der Abbruch „zu früh“, anderen gerade recht.

Wolke und sein Schulz sehen sich Fortschritte machen. Sauerland kann die propagierte „kontinuierliche Steigerung“ in den Fortbildungsseminaren gegen die sorgfältig ausgewählten Ribalta, Valdez und McBride nun statistisch belegen. Spätestens nächstes Frühjahr hat Sauerland einen WM- Kampf in Aussicht gestellt. „Ich will mir die vierte Chance erarbeiten“, sagt Schulz. Er meint es ernst – Ironie ist seine Sache nicht.

Der Mann aus Frankfurt (Oder) ist erst 28 und hat drei WM- Kämpfe hinter sich. Verlorene, versteht sich. Es sei „ein Phänomen, wie beliebt der Axel ist“, findet nicht bloß Profiboxer Markus Beyer angesichts des Jubels, den den Kollegen umbraust. Schulz' Vorteil ist schlicht, daß er als einziger immer (noch) da ist. Also kriegt er seine WM, egal ob der Gegner bloß Foreman heißen wird oder Lewis oder ob Sauerland gar die Drohung wahrmacht, „den Sieger aus Moorer gegen Holyfield auf Axel loszulassen“.

Während allenthalben die schönsten Nekrologe auf die eben noch blühende Branche und ihr bisweilen unkonventionelles Geschäftsgebaren erklingen, redet Sauerland von einem „kleinen Tief“, aus dem er sich und Geschäftspartner RTL mit seinem „guten Unterbau“ wieder hochhieven will. Die Schulz-Quote war noch eben o.k. (5,43 Millionen), und daß ein chancenloser Heizungsmonteur namens Nieroba um einen uninteressanten WM-Titel (WBU) boxen muß, soll „ein Notfall“ (Nieroba) bleiben. Notfall? Dieses Ereignis wurde immerhin noch von 3,67 Millionen gesehen. Den Höhepunkt des Abends zu übertragen wurde verpaßt. Der hieß: Ilona Christen vs. Hans Meiser und fand seltsamerweise nur in einer dunklen Ecke statt. Das Urteil gab Christen bekannt, „unsere Vermählung“. Eine Sensation? Oder gar nicht wahr? Vielleicht handelte es sich schlicht um einen schönen RTL-Betriebsausflug. Andere Leute waren eh kaum gekommen. „Vielen Dank, Kai Ebel“, so las es Barbara Eligmann flüssig vom Teleprompter ab, „das war's fürs erste hier aus der Max-Schmeling-Halle.“ Seltsam: Irgendwie fühlte man in der heißen Halle den Winter nahen.