■ Serbischer Machtkampf und internationale Strategie
: Intelligentes Poker

Nicht nur auf den ersten Blick ist die von der amerikanischen Politik beeinflußte internationale Strategie in Bosnien-Herzegowina bestechend und erfolgreich. Daß in der „Republika Srpska“ – das sind die von serbischen Militärs 1992 eroberten und von nichtserbischen Bewohnern „gesäuberten“ Gebiete in Bosnien- Herzegowina – ein Machtkampf ausbrach, ist das Ergebnis dieser Politik. Sie soll dahin führen, wenigstens einen Teil der serbisch besetzten Gebiete wieder friedlich in den bosnisch-herzegowinischen Staat zu integrieren. Der Vertrag von Dayton soll also doch noch erfüllt werden.

Der Frieden kann erst verwirklicht werden, wenn die Verbrechen des Krieges gesühnt werden. Frieden ist nur mit den konkreten Menschen erreichbar, die irgendeine Form des Zusammenlebens für möglich halten. Und er ist nur in einer Demokratie zu verwirklichen, die diesen Namen auch verdient. Kriegsverbrechen aufzuklären und totalitäre Machtstrukturen der Kriegstreiber zu zerstören, das ist deshalb Voraussetzung für einen erfolgreichen Friedensprozeß.

Der Forderung nach der Verhaftung der Kriegsverbrecher durch die SFOR-Truppen steht die Angst der Nato-Militärs vor Zinksärgen gegenüber. Deshalb ist die Strategie, eine Fraktion der Kriegstreiber gegen die andere auszuspielen, mit Zuckerbrot und Peitsche zu agieren und nach dem uralten Mechanismus „Teile und herrsche“ vorzugehen, durchaus intelligent. Die totalitären Machtstrukturen, auf denen die Herrschaft der nationalistischen Extremisten beruht, werden mit diesem Konflikt zumindest in Westbosnien aufgebrochen. Mit der Unterstützung der SFOR- Truppen, mit wirtschaftlichen Hilfen und Öffnung der Medien soll Biljana Plavšić in die Lage versetzt werden, im Machtkampf mit Karadžić die Oberhand zu gewinnen. Sie soll dann in der Pflicht stehen, von sich aus das Dayton-Abkommen zu erfüllen.

Die Macht der Biljana Plavšić darf sich aber nicht auf Rechtsbeugungen stützen. Die Demokratisierung darf nicht instrumentalisiert werden, sie muß auf grundsätzlichen Prinzipien beruhen. Niemandem nutzt es, wenn Plavšić mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft ein neues totalitäres System begründet. So dürfen die Medien in Banja Luka nicht nur den Besitzer wechseln, sie müssen unabhängig agieren können. Andernfalls wird ein zweiter Blick auf die internationale Strategie nicht postitiv ausfallen. Erich Rathfelder