Schlag gegen Karadžić-Sender

■ SFOR-Truppen besetzen Rundfunkstation in Udrigovo. Karadžić-Anhänger greifen US-Soldaten mit Steinen an

Tuzla/Sarajevo (AFP/AP) – Soldaten der internationalen Bosnien-Schutztruppe SFOR sind gestern erneut von bosnisch-serbischen Zivilisten attackiert worden. In dem nordwestbosnischen Ort Udrigovo, rund 150 Kilometer östlich von Banja Luka, bewarfen rund 160 Bewohner US-Soldaten mit Steinen, wie die UN-Polizei mitteilte. Die Soldaten hätten sich nicht gewehrt, Verletzte habe es nicht gegeben. „Es war eher eine Demonstration als ein Angriff“, sagte der Sprecher der UN-Polizei, Andrea Angeli. Die UN-Polizisten hätten die örtliche Polizei gebeten einzugreifen.

Zuvor hatten Nato-Soldaten in Udrigovo eine wichtige Rundfunk- Relaisstation besetzt, über den die Anhänger des früheren Präsidenten Radovan Karadžić zur Gewalt gegen ausländische Organisationen aufgerufen hatten. Die Truppen hätten die Station bereits am Donnerstag unter ihre Kontrolle gebracht und vorerst außer Betrieb gesetzt, erklärte ein Sprecher der Friedenstruppe SFOR gestern.

Bislang sei noch nicht entschieden, ob die Anlage den Anhängern des als Kriegsverbrecher gesuchten Radovan Karadžić zurückgegeben oder deren Gegnern übereignet werde, die die bosnisch-serbische Präsidentin Biljana Plavšić unterstützen. Bei der Besetzung des Senders wurden nach Angaben der Nato alle Personen zum Verlassen des Geländes aufgefordert. Die Soldaten hätten sich geweigert, mit Vertretern des bosnisch-serbischen Fernsehens zu reden, das auf der Seite von Karadžić steht.

„Wir stehen auf niemands Seite, wir wollen nur den Ausbruch neuer Konflikte verhindern“, kommentierte Chris Riley, Sprecher der SFOR, die Besetzung des Senders. Demgegenüber sagte ein Nato-Sprecher, der Sender sei sehr wichtig für die Präsidentin. „Und was von entscheidender Bedeutung für Biljana Plavšić ist, ist im Moment auch von entscheidendem Interesse für die Friedenstruppe.“

Westliche Organisationen in Sarajevo hatten in den vergangenen Wochen wiederholt gegen die Berichterstattung der von Pale kontrollierten Medien protestiert. Die Nato hatte nach den gewaltsamen Angriffen von Karadžić-Anhägern auf SFOR-Soldaten in der vergangenen Woche in Brčko gedroht, gegen Fernsehsender vorzugehen, die zur Gewalt gegen die internationalen Organisationen in Bosnien aufforderten. Sollte die Nato den Sender Udrigovo der Präsidentin unterstellen, könnte Plavšić tiefer als bislang möglich in Gebiete senden, die unter der Kontrolle der Anhänger Karadžić' stehen.