Generationsvertrag

■ Keiner hörte schon so oft für immer auf wie er: Kulenkampff will zurück in die Abendunterhaltung. Man gab ihm die Dritten

„Ach, wissen Sie...“, wiegt er bedächtig den Kopf, „die ganz Jungen freuen sich dann ja schon wieder, wenn der Opa kommt.“

Er hat sie alle im Visier, der alte Geschichtenerzähler Kulenkampff. Alle, wie sie da mit dem Schreibblock vor ihm stehen: die Jungen, die ihn spitz nach seinem Pensionsalter fragen, und die ganz Jungen, denen zu Kuli so wenig einfällt, daß sie ihn nur noch leise belächeln. Für sie alle, auch für die wenigen Altgedienten, gibt der große Kulenkampff auf der IFA eine 90minütige Sondervorstellung. „Ach, wissen Sie“, hebt er jeden seiner gewohnt lehrreichen Monologe an, „ach, wissen Sie, wenn's keiner mehr sehen will, höre ich einfach auf. Ich habe ja schon zweimal zehn Jahre lang aufgehört. Nur weiß ich nicht, ob ich diesmal zehn Jahre lang pausieren sollte. Man wird ja nicht jünger!“

Nein, mit dem Alter kann man ihm nicht beikommen. Warum auch? Heißt seine neue Show doch sowieso „Zwischen gestern und morgen“. Eine Reihe von Wissensfragen wird es zu erfragen geben, soviel steht fest. Ein Wettstreit der Generationen, sie wissen schon. Immer ein ganz Junger mit einem ganz Alten. Weil doch die ganz Jungen sich auf Opa freuen. Idee: Kuli. Moderation: Kuli. PR: Kuli.

Der Hans-Joachim Kulenkampff, der da ganz „Nachtgedanken“-mäßig über die deutsche Fernsehunterhaltung schwadroniert, („Wissen Sie, soo viele Varianten gibt es nun och nicht, die Leute zu unterhalten“), dieser Kuli ist nicht der Entertainer von gestern, sondern der Fernsehstar von übermorgen. Bald schon wird er wieder in die Zeit passen, nämlich, wenn man mit 76 nicht mehr alt ist – weil zu viele 76 sein werden.

Leider wissen das die Senderverantwortlichen heute noch nicht. Schlichtweg abgelehnt fürs ARD- Erste haben sie seine Quizshow- Idee. Und weil die jungen Journalisten natürlich einen Grund wissen wollen, haben sie feinsinnig argumentiert, man habe nicht so viele Überziehungstoleranzen im Ersten, und überhaupt sei Kulis Konzept zu anspruchsvoll für die ARD-Abendunterhaltung. „Ach, wissen Sie“, seufzt der da nachsichtig, „das ist doch geradezu schmeichelhaft. Zu anspruchsvoll fürs Erste! Ach, wissen Sie...“

„Wissen Sie, daß Rüdiger Hoffmann bald wieder EWG bringen will, aber mit einem jüngeren Moderator?“, fragt einer dieser Jungen, die sich noch nicht so recht auf Opa freuen mögen. „Hoffmann?“, flüstert Opa da scheinheilig ins offene Mikrophon seiner Nachbarin zu. „Wer ist Rüdiger Hoffmann?“

Der Unterhaltungschef der ARD wird's wohl verschmerzen, daß Kulenkampff sich vorgenommen hat, sich seinen Namen partout nicht zu merken. Zumal niemand so schön Werbung für die ARD-Dritten machen kann, wie ein in seiner Eitelkeit gekränkter Kuli auf Promo-Tour. „Wie oft hat der nochmal den großen Preis gemacht?“, fragt mich ein junger Kollege raunend. Lang war es nicht. Aber überzogen hat er immer. Und das, soviel steht fest, wird er auch in den Dritten tun. Live und in Farbe. Mit falschem Haar und ohne falsche Bescheidenheit. Klaudia Brunst