Am Bafög läßt sich's bestens sparen

■ 143 Millionen Mark weniger wurden 1996 ausgezahlt. Nur 15 Prozent der Studierenden erhielten Unterstützung. Real sinken die Bafög-Sätze

Berlin (taz/dpa) – Mehr und mehr Studenten und Schüler leben in ungesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen, weil Bund und Länder zu sehr mit der Ausbildungsförderung knausern. Im vergangenen Jahr sparten Bund und Länder 143 Millionen Mark beim Bafög ein. Etwa 46.000 bedürftige Studenten und Schüler weniger als im Jahr zuvor wurden staatlich unterstützt. Insgesamt erhalten nur noch 15 Prozent der Studierenden Bafög. 1971 waren es noch 45 Prozent. Diese Zahlen veröffentlichte gestern das Statistische Bundesamt. 274.000 Studenten und 106.000 Schüler erhielten die Förderung. Der Rückgang betreffe besonders das alte Bundesgebiet. Der Bafög-Etat schnurrte im vergangenen Jahr um fünf Prozent auf 2,7 Milliarden Mark zusammen. Im Schnitt erhält ein Student monatlich 629 Mark, ein Schüler 513 Mark.

Horst Bachmann, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, mahnte eine rasche Reform der Ausbildungsförderung an: „Andernfalls schafft das Bafög sich selber ab.“ Zwei Gründe sieht Bachmann für den Rückgang der Gefördertenzahlen. Zum einen fehle die Anpassung von Eltern-Freibeträgen und Bedarfssätzen an die allgemeine Lohn- und Einkommensentwicklung. Ein Inflationsausgleich sei dabei nicht erreicht, die Kaufkraft des Bafög noch nicht einmal eingehalten worden. Im vergangenen Jahr wurden die Freibeträge für das Bafög um zwei Prozent erhöht. Dies sei zu gering ausgefallen, so der Kritiker. Zum anderen schreckten die Diskussionen um die volle Verzinsung des Bafög als privates Darlehen die Leute ab, es zu beantragen. So müßten immer mehr Studenten arbeiten gehen. Die Folge seien verlängerte Studienzeiten, sagte Bachmann. Das Modell von Bildungsminister Jürgen Rüttgers wird von Bildungsexperten strikt abgelehnt. Es könne zu einer Verschuldung von bis zu 72.000 Mark nach dem Studium führen.

Der schwelende Streit um die notwendige Reform der Ausbildungsförderung soll im Dezember ausgefochten werden. Das Studentenwerk favorisiert ein „Drei-Körbe-Modell“. Unabhängig vom Einkommen der Eltern sollen alle Studierenden einen monatlichen Sockelbetrag von 350 Mark erhalten. Bedürftige Studenten sollen zusätzlich 850 Mark während der Regelstudienzeit erhalten. Aus dem „dritten Korb“ sollen sich Studenten finanzieren, die ein zweites Studium aufnehmen oder über die Regelstudienzeit hinaus studieren. Zuwendungen aus diesem „dritten Korb“ sollten als vollverzinsliche Darlehen gezahlt werden. Die Reform wird nicht früher zustande kommen, da die SPD ihre Zustimmung zum Hochschulrahmengesetz nicht mehr mit einer Reform des Bafög verknüpfen wollte. Das Hochschulrahmengesetz wurde vor zwei Wochen verabschiedet. roga/r.a.