Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Die Abenteuer von Pico und Columbus Deutschland 1992, R: Michael Schoemann

„Vom Holzwurm Pico auf die Idee gebracht, daß die Erde rund ist, sticht Columbus von Spanien aus in die See, um Indien zu erreichen. Mit von der Partie ist Pico, der seiner Angebeteten, einem entführten Lichtmotten-Mädchen, hinterherreist. Trotz abenteuerlicher Zwischenfälle endet die Fahrt glücklich. An Disney-Vorbildern orientierter farbenschöner Zeichentrickfilm, der seine turbulente Geschichte kindgerecht erzählt.“(Lexikon des internationalen Films) Gondel

Alle Sagen: I Love You USA 1996, R: Woody Allen, D: Woody Allen, Dew Barrymore, Julia Roberts, Tim Roth

Es läßt schon Schlimmes vermuten, wenn Woody Allen im Presseheft schreibt, er wollte „amüsantes, unterhaltsames Konfekt“machen. Dies sei ein „grob gezeichneter Film, fast wie ein Cartoon, mit komischen Charakteren, die größer als im Leben sind“. Es ist immer ein schlechtes Zeichen wenn ein Filmemacher klingt wie seine oberflächlichsten, gefälligsten Kritiken, aber dies ist halt auch ein oberflächlicher, selbstgefälliger Film. Allen entpuppt sich hier als schlimmer Snob, und seine hochgerühmten geographischen Aufbrüche aus dem heimatlichen Manhattan nach Paris und Venedig können kaum als wirkliche Neuanfänge gelten. Allen modelliert beide Städte in Versionen seines eigenen Terrains um, die fast ausschließlich von reichen New Yorkern bewohnt werden. Der oberflächlich europhile Allen war nie so nah zu dem berühmten Cartoon von Saul Steinberg, in dem die Welt nur die rudimentären Ränder von Manhattan bildet. Und bei der Verwendung von Musicalnummern – bei denen die Filmfiguren plötzlich zu singen anfangen, begleitet von Juwelieren, Krankenschwestern, und sogar Phantomen – hat auch Allen keine neue Lösung dabei gefunden, die Erzählung um die Musik herum zu strukturieren: Die Shownummern und ihre angestrengte Heiterkeit erinnern verdächtig an die Werke von Dennis Potter wie „The Singing Detective“oder „Pennies from Heaven“. Wenn man diese abgekupferten Musical-Elemente und das Inseldenken des New Yorker Stadtneurotikers aus dem Film herausnimmt, bleibt nur eine von jenen leichtgewichtigen moralischen Komödien übrig, die die französischen Routiniers für die Hälfte des Geldes und mit viel weniger Brimborium zustandebringen.“(Sight and Sound) Gondel, UT-Kino, Casablanca (Ol)

Antonias Welt Niederlande/Belgien/Großbritannien 1995, R: Marleen Gorris, D: Willecke van Ammelrooy, Els Dottermans

„Wirklich eine ungewöhnliche Familiensaga, die die holländische Regisseurin Marleen Gorris in ihrem jüngsten Film entworfen hat. Voller Witz und trotz aller Melancholie voller Optimismus steckt ihre generationsübergreifende, manchmal märchenhaft wirkende Chronik: Menschen kommen und gehen, Leben entsteht und vergeht. Das alles erzählt Gorris mit einer unglaublichen Leichtigkeit, die mitten ins Herz trifft.“(Bremer) Cinema

Aus dem Dschungel in den Dschungel USA 1997, R: John Pasquin, D: Tim Allen, Sam Huntington, Martin Short

„Wie „Das Bankentrio“, „Noch drei Männer, noch ein Baby“und „Daddy Cool“basiert auch dieser Film auf einer französischen Erfolgskomödie. Vorlage ist Herve Paluds „Little Indian“, der mit über sieben Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film des Jahres 1994 war. Ein Börsenmakler reist in den venezuelanischen Regenwald, um seine Ex-Frau zur Unterzeichnung der Scheidungspapiere zu veranlassen. Im Busch angekommen, macht er die bestürzende Entdeckung, daß er Vater eines 13jährigen Sohnes ist, der alsbald seinen Erzeuger nach New York begleitet. Dort entwickelt sich das übliche Kultur-Crash-Chaos. Ein netter, harmloser Familienspaß, der sich nur durch sein US-Kolorit vom Original unterscheidet.“(Cinema) UFA-Palast, UT-Kinocenter

B

Bandits Deutschland 1997, R: Katja von Garnier, D: Nicolette Krebitz, Katja Riemann, Jasmin Tabatabai

„Die Regisseurin des Films, Katja von Garnier, 30, ist ein Hot Spot. Ihren ersten Film „Abgeschminkt“, den sie als eine Art Übung während ihres Studiums an der Münchener Filmhochschule drehte, sahen 1,3 Millionen Kinogänger. Da ist es schwer, sich mit dem zweiten Streich selbst zu übertreffen. „Bandits“ist die Geschichte einer Frauen-Knast-Band auf der Flucht – schneller, bunter, weiblicher als übliche deutsche Kinokost.“(Der Spiegel) City, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Bean Großbritannien 1997, R: Mel Smith, D: Rowan Atkinson, Burt Reynolds

„Nicht von ungefähr findet sich die Warnung, man habe es mit dem „ultimativen Katastrophenfilm“zu tun, im Untertitel des ersten Filmabenteuers des im Fernsehen und Video längst zum Kulthelden avancierten Mr. Bean: Da, wo das von Rowan Atkinson gewohnt kongenial dargestellte Strichmännchen bei seinem Besuch der Vereingten Staaten hintritt, wird die Neue Welt in ihren Grundfesten erschüttert – zum Gaudium des komödienhungrigen Publikums, das von „Bean“ganz nach seinen Bedürfnissen bedient wird. Atkinson und sein Regisseur Mel Smith taten gut daran, den unverkennbaren, clever zwischen Stummfilmheroen wie Langdon und Keaton sowie modernen Leinwandkasperln wie Lewis und Carrey angelegten Tunichtgut weitgehend unangetastet zu lassen: Immer noch hinterläßt der Kindskopf mit dem Gemüt eines Simplicissimus eine Spur der Zerstörung, ohne sich des Umfangs seiner Handlungen bewußt zu sein. Der Schritt auf die große Leinwand ist ein Unternehmen, bei dem nichts schiefgehen kann.“(Blickpunkt: Film) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

C

Charlie Chaplin, fünf Kurzgrotesken

Fünf der schönsten Abenteuer aus Chaplins Anfangsjahren wurden in diesem Film durch eine Rahmenhandlung in der Form von ,Kintopp anno dazumal' verbunden, in welchem Wanderschausteller Werner äußerst aufschlußreiche Erklärungen gibt und Kapellmeister Konrad das Pianoforte quält. Immer wieder führt Charlie einen aussichtslosen Kampf mit der Tücke des Objekts und bleibt doch immer der heimliche Sieger.“(Verleih) Kino 46, mit Live-Klavierbegleitung

Chasing Amy USA 1996, R: Kevin Smith, D: Ben Affleck, Joey Lauren Adams

„Eigentlich wäre diese Geschichte der ideale Stoff für Talkshows wie „Arabella“: Junger, erfolgreicher Comiczeichner verliebt sich in junge, bildhübsche Comiczeichnerin. Nur daß Holden Hetero und Alyssa eine überzeugte Lesbe ist, was die Sache ein wenig erschwert. Doch trotz der Warnungen seines besten Freundes und Co-Zeichners Banky versucht Holden, bei Alyssa zu landen. Und tatsächlich entwickelt sich eine Freundschaft. Nach der großartigen Kioskfarce „Clerks“und der weithin unterschätzten Teenieklamotte „Mall Rats“unterstreicht Regisseur Kevin Smith mit „Chasing Amy“seine Bedeutung als Filmemacher der kommenden Generation. Andere hätten aus dieser Konfliktkonstellation ein wahlweise furchtbar kitschiges oder nervig gesellschaftskritisches Werk gestrickt. Doch Smith beweist einmal mehr, daß er sich in verqueren Liebesdingen genauso gut auskennt wie in den oft abstrusen Fanzirkeln der Comicwelt. Für „Clerks“- und Comicfans – egal ob Homo oder Hetero – könnte „Chasing Amy“zum ultimativen „Date-Movie“werden.“(Volker Bleeck) UFA-Stern

Clubbed to Death Frankreich 1997, R: Yolande Zaubermann, D: Elodie Bouchez, Beatrice Dalle

„Als Lola eines Abends im Nachtbus einschläft, landet sie im Nirgendwo der Pariser Vorstadt. Und wird aufgesogen von einem gigantischen Technoclub. In der unwirklichen Atmosphäre des Tanztempels begegnet sie dem Ex-Boxer Emir und der rätselhaften Vortänzerin Saida. Gemeinsam mit der verwunderten Heldin traumwandelt man im Ecstasyrausch, verschmilzt mit der tanzenden Menge, löst sich auf in hämmernden Rhythmen und verliert sich in der großen Liebe.“(tip) Cinema

Con Air USA 1997, R: Simon West, D: Nicolas Cage, John Malkovich

„Wer mitfliegt, zurre Sicherheitsgurt und Kotztüte fest, denn die neue machomanische Flugnummer von Produzent Jerry Bruckheimer („Top Gun“, „The Rock“) und Regisseur Simon West stürzt mit allen pyrotechnischen Schikanen ins cinematische Sommerloch. Selbst die Crew aus glanzvollen Charakterdarstellern hebt den Luftheuler kaum in höhere Schichten: Die Knackis Nicolas Cage, John Malkovich, Ving Rhames und Steve Buscemi gehören zu einer gefährlichen Flugschar, die in eine neue Hochsicherheitsanstalt verlegt werden soll. Die schweren Jungs entführen das fliegende Knastzimmer, und die Action-Apotheosen tosen. Ein, zwei Frauen sind auch an Bord, sie bringen, dramaturgisch nötig, das Element des Weiblichen ein – hormonell gesehen, reichen die häufigen Explosionen völlig.“(Der Spiegel) Ufa-Stern

E

Ein Mann – ein Mord USA 1997, R: George Armitage, D: John Cusack, Dan Aykroyd, Minnie Driver

„Psychopathen töten ohne Grund, ich töte für Geld! Martin Blank hat es in bald zehn Jahren als Auftragskiller weit gebracht, und doch fragt er sich, ob das alles ist im Leben. Ärger macht ihm auch sein einstiger Förderer Mr. Grocer, der ihn unbedingt zur Gründung einer Killergewerkschaft überreden will. In einer mißlichen Lage wie dieser kommt das zehnjährige Highschool-Treffen in Grosse Pointe, Michigan gerade recht. Dort trifft Martin seine Jugendliebe wieder, doch gerade als der Killer über ein neues Leben nachdenkt, wird ihm mitgeteilt, wer als neues Opfer auf seine Abschußliste gesetzt wurde. Regieveteran George Armitage („Miami Blues“) ist eine der seltsamsten, erfrischensten und witzigsten Killerkomödien der letzten Zeit gelungen. Wer's makaber mag, hat seine Freude.“(TV-Spielfilm) UT-Kinocenter

F

Fire Canada 1996, R: Deepa Metha, D: Shabana Azmi, Nadita Das

„In eine schrecklich nette Familie hat die junge Sita da eingeheiratet: Ihr Angetrauter träumt von seiner Geliebten, Schwager und Schwägerin leben im sexlosen Ehemartyrium. Diese Attacke auf die indische Bourgeoisie hat die Filmemacherin Deeppa Metha („Camilla“) mit so grimmiger Verve gedreht, daß ihr dabei die Leichtigkeit abhanden kam: Die Dialoge scheppern wie im Handbuch der Political Correctness. Aus der patriarchischen Misere läßt Metha Sita und die Schwägerin in eine lesbische Affäre entfleuchen – und unterstellt dadurch, politisch erstaunlich unkorrekt, daß Lesben eigentlich frustrierte Hetera-Frauen sind.“(Der Spiegel) Atlantis

First Strike Hongkong 1996, R: Stanley Tong, D: Jackie Chan, Jackson Lou, Chen Chun Wu

„Hongkong-Cop Jackie muß sich diesmal im CIA-Auftrag mit der russischen Mafia herumschlagen. Handlung und Charakterzeichnung wirken rudimentär und dienen der Präsentation spektakulärer Action-Szenen. Die sind teilweise vom Feinsten, wie zum Beispiel der großartig choreografierte Kung-Fu-Fight des nur mit Besen und Leiter bewaffneten Helden gegen eine Übermacht knüppelschwingender Gegner.“(tip) UFA-Palast, UT-Kinocenter

Friedrich und der verzauberte Einbrecher Dtl. 1996, R: Rolf Losansky, D: Günther Lamprecht

„Friedrich ist ein außergewöhnlich unkompliziertes Kind. Seine alleinstehende Mutter kann sich ohne Probleme ihrer Arbeit widmen und stellt zudem einen Einbrecher. Der Kleinkriminelle wiederum mutiert zur Leseratte und macht während seiner Haftzeit das Gefängnis zu einem einzigen großen Lesesaal. Das moderne Märchen huldigt dem Friede-Freude-Eierkuchen. Selbst die Allerkleinsten werden es gut verdauen.“(tip) Ufa-Palast

Das fünfte Element Frankreich 1997, R: Luc Besson, D: Bruce Willis, Gary Oldman, Ian Holm

„Wie das absolut Böse aussieht, wissen wir nicht. Nur einmal können wir seine Stimme hören. Jedenfalls bedroht es als riesige Feuerkugel die Erde. Das Böse hat einen fiesen Handlanger (Gary Oldman) auf Erden, dem sein Hitlerbärtchen an der Unterlippe klebt. Die Guten sind ein New Yorker Taxifahrer und das fünfte Element. Das ist – logisch – eine Frau. Sie kommt von einem fremden Planeten. Die Außerirdischen in diesem Film sind das Rührendste, was seit E.T. auf der Leinwand zu sehen war. Sie sehen aus wie Rhinozerosse, die aufrecht gehen. Besson hat sich keine Zukunft ausgedacht, er hat einfach die Gegenwart ein wenig weiter getrieben. Zwar können die Autos jetzt durch die Luft fahren, aber Verkehrsprobleme gibt es immer noch. Genau wie Zigaretten – nur daß die jetzt mehr Filter als Nikotin haben. Bessons Film ist ein Märchen, einem Indiana-Jones-Film ähnlicher als Tim Burtons zynischem „Mars Attacks“. Selbst Bruce Willis macht hier eine gute Figur.“(taz) Schauburg, City, Ufa-Stern, Gloria (Del), Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

Funny Games Österreich 1997, R: Michael Haneke, D: Susanne Lothar, Ulrich Mühe

„Ein Kamerablick von oben. Ein teures Auto, auf dem Anhänger ein Segelboot. Vater, Mutter, Kind auf dem Weg in den Urlaub. Im Auto hört man Oper. Dann ertönt Heavy metal-Krach. So bricht eine Ahnung der Gewalt ins Idyll. Der Vorspann nimmt die Funktionsweise vorweg: Man sieht die Gewalt kaum (eher hört man sie), aber die Inszenierung sorgt dafür, daß sich der Schrecken in unserem Kopf zu einem Bild zusammenfügt. Funny Games scheint von Szene zu Szene heftiger zu fragen: Warum gehen Sie nicht? Wollen Sie das wirklich sehen? Die terroristische Wirkung speist sich jedoch nicht aus diesen plumpen Tricks, uns ins Geschehen einzubeziehen, sondern aus der Weigerung, die Gewalt zu erklären. Die Mörder haben kein Motiv! Die Gewalt, die im Kino stets und noch in den übelsten Trash-Filmen Teil einer Erzählung ist, ist in Funny Games nicht codiert. Sie kommt bei Haneke aus dem Nichts. Sie hat keine soziale oder erotische, keine politische und keine religiöse Dimension. Sie ist. Punkt. Funny Games ist kein Film, sondern ein Modellversuch: ein Milgram-Experiment im Kino.“(epd) City

H

Hunger Deutschland 1996, R: Dana Vavrova, D: Catherine Flemming, Kai Wiesinger, Christiane Hörbiger

„Nachdem schon einige Komödien des neueren deutschen Kinos an die Klamotten der 50er Jahre anzuknüpfen scheinen, so drängt sich nach „Hunger“die Vermutung auf, daß eine weiter Verbindung zwischen dem ganz jungen und dem ganz alten deutschen Film besteht: Der „Problemfilm“. „Hunger“ist das Portrait einer Frau, die an Bulimie leidet, die manisch in sich hineinfrißt, um es gleich danach wieder auszukotzen. Eigentlich das „richtige“Thema für eine psychologische Studie, doch schon das Setting in der Welt des jungen, gehobenen Mittelstandes, läßt erste Befürchtungen aufkeimen: Laura ist – was den sonst – Marketing-Chefin. Sie trifft auf Simon, einen – was den sonst? – Graffitikünstler, der ansonsten einen edlen Juwelierladen betreibt. Lauras Freßschübe hat Vavrova allzu effektvoll inszeniert: mit Weißblenden und kräftigen Bässen auf der Tonspur. Wer es mit Dana Vavrova, der Ehefrau von Joseph Vilsmaier und Hauptdarstellerin seiner Filme, böse meint, könnte finden, daß sie ihr Thema an die Stereotypen des neueren deutschen Films verraten hat. Tragischer aber noch wirkt der Umstand, daß die Introspektion in das Denken von Laura, das Wechselspiel von Innensicht und Außenwelt nicht funktioniert.“(epd-Film) Schauburg, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Apollo (Whv)

I

Immer Streß mit Papa

Kinderfilm. Atlantis

In Love and War USA 1996, R: Richard Attenborough, D: Sandra Bullock, Chris O'Donnell

„Richard Attenborough will nicht nur der Geschichte zeigen, was – ha! – eine richtige Harke ist, sondern auch der Literatur. 1918 zog Ernest Hemingway, gerade 18jährig, als Kriegsberichterstatter nach Italien. Er wurde schwer verletzt und verliebte sich in seine 26jährige Krankenschwester, auf deren Tagebüchern der Film beruht. „In Love and War“ist für mich das Schlimmste, was es überhaupt gibt, nämlich ein sogenannter „Ein-bißchen-Film“. Es herrscht ein bißchen Krieg, aber nicht zu doll, damit das Publikum nicht erschrickt, und manchmal ist jemand ein bißchen tot. Alles ist Dekor, nur Chris O'Donnells exorbitante Dämlichkeit als Schauspieler leider nicht. Als Hemingway ist er so geeignet wie ich es an Liz Taylors Stelle als Cleopatra gewesen wäre. Schade nur um Sandra Bullock, die mit ihrer Ernsthaftigkeit jedem noch so schlechten Film ein wenig Wärme einhauchen kann.“(Anke Westphal, taz) UFA-Palast, UT-Kinocenter

In Sachen Liebe USA 1997, R: Griffin Dunne, D: Meg Ryan, Matthew Broderick

„Stellen Sie sich vor, Sie wären Regisseur. Wen würden Sie als deftige Mischung aus dem Rüpel-Mädel Tank Girl und der Hobel-Braut Barb Wire besetzen? Griffin Dunne, selbst Schauspieler, dachte für „In Sachen Liebe“um die Ecke. Er engagierte – nein! ja! – Kullerauge Meg Ryan. Eine kluge Entscheidung. Denn als Maggie, die ihren französischen Ex-Verlobten Anton zugrunde richtet, gibt Meg einen teuflisch bösen Rachengel ab. Zur Seite steht ihr herrlich naiv Matthew Broderick, dessen EX-Verlobte mit eben jenem Anton zusammenlebt. Daß bei dieser platonischen Interessengemeinschaft Liebesversehrter irgendwann die Gefühle purzelbaumschlagen, ist klar. Denn seit „Harry und Sally“wissen wir: Männer und Frauen können auf Dauer nicht nur Freunde sein. Was „In Sachen Liebe“sehenswert macht? Daß Griffin Dunne das Kunststück vollbracht hat, eine Liebeskomödie zu drehen, die hundsgemein ist. Und weil sie zeigt, daß uns enttäuschte Gefühle in grandiose Arschlöcher verwandeln.“(Cinema) City, UT-Kinocenter, Ufa-Palast

Ivan und Abraham Frankreich 1993, R: Yolande Zauberman

„Ein kleines Dorf an der polnisch-russischen Grenze in den 30er Jahren. Ivan ist Christ, und Abraham ist Jude. Ivan lebt bei Abrahams Familie und spricht jiddisch. Abraham: ,Sie sagten, ich dürfte nicht dein Freund sein.' Ivan: ,Warum? Weil ich ein Goi bin?' Abraham: ,Weil du ein Goi bist!' Die Kinder beschließen zusammen fortzulaufen. ,Ivan und Abraham' ist die Projektion einer Nachgeborenen, die von dem, was sie erzählt, ausgeschlossen bleibt, weil es nicht mehr existiert. Eine ungemein komplexe Projektion: In den zwei Stunden sind so viele Filme angelegt wie Puppen in einer Matrjoschka: Man öffnet eine – und findet eine neue. Ivan und Abraham, schon 1993 gedreht, ist ein Film über Kinderfreundschaft, einer über die Rebellion gegen die Familie, aber auch einer darüber, wie die Ablösung von den eigenen ethnischen Wurzeln scheitert. Gedreht wurde unter anderem in einem der letzten Schtetl, die es noch gibt – in der Ukraine.“(taz) Kino 46

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann - genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

K

Knockin' On Heaven's Door Deutschland 1997, R: Thomas John, D: Till Schweiger, Jan Josef Liefers

„Auch Lausbuben kommen manchmal in den Himmel; das Sterbenmüssen ist offenbar Strafe genug dafür, wie sie über die Stränge schlugen. Hier geht es also um zwei junge Kerle, die sich als ,Abnippel-Experten' verstehen dürfen: Jeder für sich hat soeben im Krankenhaus die Diagnose erhalten, daß sein letztes Stündlein nahe bevorstehe; doch da sie sich beide zu munter zur Verzweiflung fühlen, fassen sie gemeinsam Mut zu einem letzten Ausbruch ins nie gelebte Leben. Weithin, zugegeben, ist diese Actionkomödie ein recht kumpelhaftes Abenteuer, bei dem viele freundliche Frauen immer nur kurz hereinschauen. Doch eben diese Frauenferne bewahrt den Helden ihre Unschuld: Lausbuben sind und bleiben sie und also unwiderstehlich. Wer will schon beim Sterben der erste sein? Aber so heiteren Herzens sieht man Kinohelden nicht alle Tage zum Himmel fahren.“(Der Spiegel) UFA-Stern, Passage (Del), MUWI-Filmkunst (Ol)

Kolya Tschechien/Großbritannien 1996, R: Jan Sverak, D: Zdenek Sverak, Andrej Chalimon

„Garantiert überlegen in Hollywood schon etliche Produzenten fieberhaft, welchen ergrauten Superstar – Robert Redford? Jack Nicholson? – sie für ein Remake von „Kolya“begeistern könnten. Gefragt, worum es in der oscar-prämierten Tragikomödie aus Tschechien eigentlich geht, würden sie dann vermutlich im typisch knappen Hollywood-Jargon antworten: „Green Card“meets „Kramer gegen Kramer“. Der wegen politischer Mißliebigkeit kaltgestellte Prager Cellist Frantisek läßt sich auf eine Scheinehe mit einer Russin ein. Als seine Gatin in die BRD rübermacht, hat der Kinderhasser und notorische Casanova plötzlich ihren fünfjährigen Sohn Kolya am Hals. Die Tränendrüse wird nicht strapaziert, dennoch trifft der Film mitten ins Herz. Ohne billige Effekte und mit viel Humor. Ein echtes Juwel.“(Cinema) City, Casablanca (Ol)

L

Last supper Kanada 1994, R: Cynthia Roberts, D: Jack Nicholsen

„Der ganze Film spielt in einem einzigen Zimmer. Ein Mann liegt im Bett und schläft. Die Kamera ist lange auf ihn gerichtet, so daß man ausgiebig Zeit hat, den Schläfer zu betrachten. Er trägt eine bestickte Augenklappe, einen wunderbaren Morgenrock und darunter ein orangefarbenes Seidenhemd. Er ist so dünn, daß man kaum glauben kann, daß er noch lebt. Der Theatermann Ken McDougall starb wenige Tage nach den Dreharbeiten an den Folgen von Aids. In diesem Film spielt er den Tänzer Chris am Tag vor seinem Tod. Das letzte Abendessen besteht aus Räucherlachs und Ratatouille. (taz) Gondel, Atelier

M

Men in black USA 1997, R: Barry Sonnenfeld, D: Tommy Lee Jones, Will Smith, Linda Fiorentino

„M.I.B. ist ein unprätentiöser Film, der im Kleinen Größe zeigt – also das genaue Gegenteil von Luc Bessons Das fünfte Element. Er läßt dem Zuschauer Zeit, die Vielfalt der Aliens zu bestaunen. In schönster B-Film-Tradition kommt M.I.B. gleich in der ersten Szene zur Sache, wenn die Grenzpolizei in New Mexico einen LKW anhält, voll mit illegalen Einwanderern – „illegal aliens“, wie es doppeldeutig im Englischen heißt, von denen einer tatsächlich ein Außerirdischer ist. Dessen Enttarnung bleibt allerdings zwei plötzlich auftauchenden M.I.B. vorbehalten, die den Grenzverletzer leider erschießen müssen. Da staunen die Grenzpolizisten nicht schlecht, aber nur solange, bis M.I.B.-Agent K. ihr Kurzzeitgedächtnis mit einem Blitz aus seinem Zauberstab löscht. Seit 1962 sind die Aliens unter uns, erfahren wir. Manhattan ist das Tor zu unserer Welt, wo fortwährend intergalaktische Flüchtlinge eintreffen. Daß die Menschheit nichts davon weiß, ist das Verdienst dieser Behörde, die jeden Neuankömmling genau unter die Lupe nimmt, Aufenthaltsbeschränkungen ausspricht und Kriminelle jagt.“(epd) UT-Kinocenter, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen), Solitaire (Westerstede)

Menschen im Hotel BRD/Frkr. 1959, R: Gottfried Reinhardt D: O.W. Fischer, Heinz Rühmann, Gert Fröbe

„Neuverfilmung des Romans von Vicki Baum, von geschickter psychologischer Reportage zur Kolportage abfallend. Wo einst große Schauspieler sich willig unterordneten, sind jetzt Starrollen gebündelt. Reinhardt inszenierte im betulichen Kammerspielton.“(Film-Lexikon) FSK 1959 ab 18 J.! Atelier

Mrs. Dalloway GB/NL 1997, R: Marleen Gorris, D: Vanessa Redgrave

„Vanessa Redgrave kann das: mit allen Wassern des Irdischen gewaschen und doch melancholisch entrückt aussehen, die spröde Kluge spielen und zugleich eine Aura von Geheimnis verbreiten, anwesend und abwesend in einem sein. Wenn Marleen Gorris' Verfilmung von Virginia Woolfs Roman „Mrs. Dalloway“eines hat, dann ist es die perfekte Hauptdarstellerin. Es ist eine riskante Unternehmung, im Grunde die Quadratur des Kreises: einen Roman zu verfilmen, dessen Handlung (fast) nichts, dessen Sprachgewalt und Innenweltschau aber (fast) alles sind. Die Schnittmenge aus Film und Buch bilden vor allem die sensibel geschilderten Sinneneindrücke und das die innere Befindlichkeit spiegelnde – und beeinflussende – äußere Leben. Erzählt wird ein Tag im Leben einer Frau der englischen Oberklasse, die morgens durch London schlendert und abends eine Party gibt.“(epd) Filmstudio

N

Ninotschka USA 1939, R: Ernst Lubitsch, B: Billy Wilder, D: Greta Garbo

Ein abgebrühter adeliger Lebemann in Paris verliebt sich in eine politische Kommissarin aus der noch jungen Sowjetunion, die seinem Charme und dem der kultivierten bourgoisen Zivilisation des Westens zwar erliegt, dann aber doch in ihre sozialistische Heimat zurückkehrt. Zeit- und Charakterkomödie mit menschlicher Wärme und satirischem, niemals verletzendem Witz. Garbo spielte hier ihre einzige wirklich gelungene komische Rolle.“(Film-Lexikon) Filmstudio

Nirvana Italien/ Frankreich 1997, R: Gabrielle Salvatores, D: Christopher Lambert, Diego Abatantouno

„Die Zukunft ist ein Spiel, prophezeit der Untertitel zu „Nirvana“, mit dem sich Gabrielle Salvatores fünf Jahre nach dem Oscar-Gewinn von „Mediterraneo“wieder in den deutschen Kinos zurückmeldet. Doch in der Gegenwart erweist sich seine futuristische Reflexion über die Entmenschlichung der realen und Humanisierung der virtuellen Realität als nur mäßig unterhaltsames Vergnügen, dem es zwar nicht an Ambition und Taktik, wohl aber am Spielerischen mangelt. Einflüsse asiatischer Religionen sind unübersehbar, wie auch die literarischen Entwürfe William Gibons oder cineastische Vorbilder wie „Blade Runner“, der verwandte Fragen humaner und moralischer Natur spannender und tiefgründiger diskutierte. Auch in Atmosphäre und Ausstattung zeigt sich „Nirvana“von Ridley Scotts Klassiker inspiriert, muß sich aber aufgrund sichtbarer Budgetgrenzen in den Bildausschnitten auf die kleine Lösung beschränken.“(Blickpunkt:Film) Ufa-Stern, Passage (Del)

P

Prinz Eisenherz Deutschland/Großbritannien/Irland 1997, R: Anthony Hickox, D: Stephen Moyer, Katherine Heigl, Udo Kier

„Vom Knappen am Hofe König Arthurs zum Herrscher von Thule: Der erste „Prince Valiant“-Comic aus dem Jahre 1937 ist längst Legende. An diese überlebensgroße Vorlage hat sich Produzent Bernd Eichinger gewagt. Mit vergleichsweise bescheidenem Aufwand ließ er ausgerechnet den nur aus Videotheken bekannten Horrortrash-Spzialisten Anthony Hicko die Geschichte nachempfinden. Sein Film setzt sich immer wieder die Zeichnungen aus Hal Fosters Original als Maßstab und blendet von ihnen in die Realszenen über. Dieses heikle Vorhaben gelingt, der „Look“stimmt. Trockener Dialog-Humor und ein pausenlos dröhnender Soundtrack tragen dazu bei, der Handlung ihren pathetisch-mystischen Ernst zu nehmen und damit den naheliegenden Vergleich mit viel teureren Hollywood-Spektakeln zu unterlaufen.“(Kultur!news) UFA-Stern

R

Rebecca USA 1940, R: Alfred Hichcock D: Laurence Olivier, Joan Fontaine

Eine junge Frau kämpft gegen den Schatten der toten ersten Frau ihres Mannes, der als deren Mörder verdächtigt wird. Hichcocks erster Hollywoodfilm warf ein neues Licht auf sein Talent: Die Verfilmung von Daphne du Mauriers gleichnamigen Roman war weniger ein Kriminalreißer als ein erster Versuch auf dem Feld des psychologisierenden Thrillers. Um Spannung zu schaffen, benutzte er die Beweglichkeit der Kamera anstatt seiner gewohnten präzisien Schnittechnik. Kino 46

Ricardo, Miriam y Fidel Schweiz 1996

Wie viele andere Kubaner will Miriam Martinez mit ihrer Familie in die USA ausreisen. Aber ihr Vater war unter Che Guevaras Führung der Gründer von Radio Rebelde. Doch auch er muß heute feststellen, daß aus seinen Träumen nicht viel geworden ist Vielmehr hört seine Tochter „Voice of America“, ein speziell für Kuba eingerichteter Sender. Der Film beschreibt anhand dieser Familiengeschichte sehr feinfühlig die Stimmung im heutigen Kuba. Kino 46

Romeo und Julia USA 1996, R: Baz Luhrmann, D: Leonardo DiCaprio, Claire Danes

„Kinder reicher Eltern, die in großen Schlitten durch die Gegend fahren und sich kleine Schießereien liefern: Wie bei der Begegnung an der Tankstelle, die dann in Flammen aufgeht – Auftakt für „William Shakespeares Romeo & Julia“, der selbstverständlich keinen klassischen Theaterfilm abgibt. Regisseur Baz Luhrmann spielt ironisch mit Versatzstücken aus der elisabethanischen wie der heutigen Zeit. Die Geschichte wird von einer farbigen Ansagerin im Fernsehen präsentiert, wo – und das ist überhaupt der Clou des ganzen Films – allerdings Original-Shakespeare gesprochen wird. Natürlich herzergreifend.“taz) UT-Kino, MUWI-Filmkunst (Ol)

S

Space Jam USA 1996, R: Joe Pytka, R: Michael Jordan, Bugs Bunny

„Einen explosiven Cocktail aus Wirklichkeit und Cartoonphantasie hat das Team Reitman/Pytka hier gemixt: Wo sich Bob Hoskins noch mit einem einzigen Zeichentrick-Hasen namens Roger Rabitt herumschlagen mußte, wird Michael Jordan einer moderneren Alice in MTV-Wunderland gleich, ganz in die Welt der Cartoonfiguren verpflanzt. Während am einen Ende der Geschichte die Gummikörper der Tooney Tunes für überbordende Phantasie sorgen, stehen am anderen Ende Basketballspieler, die sich alle selbst spielen, für einen bizarren Realitätskick.“(epd-Film) Kino 46

Speed 2 USA 1997, R: Jan De Bont, D: Sandra Bullock, Jason Patrick, Willem Dafoe

„Wie erfrischend sauste doch in die dröge Kinosaison 1994 „Speed“hinein: Ein Action-Thriller von schnörkelloser Eleganz, klar, scharf, plausibel. Und dazu das ansteckemd meckernde Lachen von Sandra Bullock! Die Fortsetzung mag wegen des Erfolges unvermeidlich gewesen sein, doch sie muß ohne den Herzbuben Keanu Reeves auskommen und auch ohne den cleveren Autor Graham Yost. So hat Regisseur Jan De Bont selbst eine neue Story ausgeheckt, die als Super-Bomben-Leger, o je, o je, wieder mal einen größenwahnsinnigen Computerfreak aufbietet und als Schauplatz einen Kreuzfahrtdampfer. Da es von der Höhe der Kommandobrücke bis hinab in die Eingeweide der Maschinerie furchtbar viel herumzuhebeln gibt, kommt bald der Überblick abhanden. Verlaß ist allein auf das diabolische Zähneblecken des Starschurken Willem Dafoe und natürlich auf Sandra Bullocks vergnügtes Meckern.“(Der Spiegel) UFA-Stern

Susi und Strolch USA 1955, R: Hamilton Luske, Glyde Geronimi, Wilfried Jackson

„Eine verwöhnte Cockerdame verliebt sich in einen sympathischen Straßenköter, Gefühl- und humorvolle Hundeabenteuer in einem Zeichentrickfilm Walt Disneys, der den Tieren rein menschliche Eigenschaften und Reaktionen unterstellt. Liebenswürdige Unterhaltung für Jung und Alt.“(Lexikon d. Intern. Films) Schauburg, UT-Kinocenter

T

The Killer Hongkong 1989, R: John Woo

„The Killer ist eine fortwährende Ballerei, eine 110minütige Choreographie des Todes, ein Schauermärchen der Unterwelt, die Glücksvision eines durchgeknallten Feuerwerkers, die Horrorphantasie eines zurückgebliebenen Kindes, der logistische Traumerfolg eines cineastischen Perfektionisten – kurz: ein nahezu perverses Kinoereignis. Und trotzdem ist The Killer weit mehr als nur ein höchst beeindruckender Film. John Woo erzählt hier die alte Geschichte vom edlen Gesetzesbrecher, vom romantischen Berufsmörder, der sein schmutziges Gewerbe mit reiner Seele betreibt.“(Peter Buchka) Kino 46

Tieta do Brasil Brasilien 1996, R: Carlos Diegues, D: Sonia Braga

„Auch in Bahia ist nicht alle Tage Karneval, doch die Lebenslust reicht für einen saftigen Sommerfilm. Dieser hier, nach einem Roman des beliebten Volksautors Jorge Amado, erzählt von der schönen Tieta, die vor 26 Jahren als Sünderin aus ihrem Dorf verjagt wurde, nun aber als reiche Witwe mit Jubel empfangen wird. Aber nein, dies ist kein Remake von Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“, den die Heimkehrerin - Sonia Braga, Brasiliens Sexstar im Ruhestand, in einer Prachtrolle - erweist sich als lustige Witwe mit platinblonder Mähne: Nicht rächend, sondern erotisierend hält sie sich an denen schadlos, die sie einst verstießen. Auch das, natürlich, ist eine moralische Geschichte.“(Der Spiegel) Atelier

Tod in Venedig Italien 1970, R: Luchino Visconti, D: Dirk Bogarde, Silvana Mangano

„Obwohl Visconti Thomas Manns Novelle nahezu minuziös in Bilder umgesetzt hat, ändert er sie in einigen Punkten. So fügt er in den wenigen Rückblenden Szenen und Charaktere aus Manns Roman Doktor Faustus ein: Aschenbachs Auseinandersetzung mit seinem Freund und Schüler und den Bordellbesuch. Mann und Visconti ist das Bewußtsein gemein, die letzten Vollender eines Lebensgefühls, eines Kunstprinzips zu sein, das sie bis zu einer nicht mehr überbietbaren handwerklichen Perfektion zu steigern vermögen.“(H.P. Kochenrath) Kino 46

V

Vergessene Welt USA 1997, R: Steven Spielberg, D: Jeff Goldblum, Julianne Moore, Arliss Howard

„Steven Spielbergs Fortsetzung des Blockbusters „Jurassic Park“von 1993 ist unverkennbar das Produkt eines meisterlichen Handwerkers. Diesmal hat er zudem einen Weg gefunden, auch sich selber zu amüsieren, obwohl er dem Publikum einen Film der Art vorsetzt, der er selber inzwischen offensichtlich entwachsen ist. Auf seiner zweiten Reise in das Land der Dinosaurier verzichtet der Regisseur auf die ehrfurchtvolle Ernsthaftigkeit, die seinen Stil im ersten Film fossilisierten, und ersetzt sie mit flotten Jahrmarktsattraktionen und einem neckenden, selbstironischen Ton. Er spielt mit unserer Begierde danach, von seinen mechanischen Monstern erschreckt zu werden, und manipuliert uns dabei so mühelos, daß wir über die Primitivität unserer Reaktionen zu lachen beginnen. Er arbeitet hier wie ein großartiger Gagman, der frei mit den klassischen Abenteuermotiven spielt (darunter ein „cliffhanger“im wahrsten Sinne des Wortes).“(The New Yorker) Europa, UFA-Palast, UT-Kino, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

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Wilde Kreaturen USA 1996, R: Robert Young, Fred Schepisi, D: John Cleese. Jamie Lee Curtis, Kevin Kline, Michael Palin

„Es gibt wenig zu lachen in „Wilde Kreaturen“, dem chaotischen, freudlosen Nachfolgefilm von „Ein Fisch names Wanda“. Kevin Kline gibt hier gleich zwei schlechte Vorstellungen: Als ein skrupelloser australischer Industiemagnat und sein amoralischer Sohn, der Vizedirektor eines kleinen britischen Zoos wird, den sein Daddy gekauft hat. Jamie Lee Curtis und John Cleese stehen ihm mit ähnlich enttäuschenden Leistungen zur Seite. Als Zoodirektor, der glaubt, er könne den Profit erhöhen, indem er einfach alle zahmen Tiere aus dem Zoo wirft, läßt Cleese seinen Hotelmanager aus der TV-Serie „Fawlty Towers“wieder auferstehen. Die scheinbar ohne jede Führung vom Regisseur agierende Curtis ist eine amerikanische Geschäftsfrau mit dem Auftrag, Cleese auf Trab zu bringen. Die konfuse Geschichte, in deren Mittelpunkt eine Schlacht zwischen knuddeligen Tierhütern und knuddeligen Tieren steht, erinnert an die verstaubten englischen Komödien der 50er Jahre. Die ständigen Witze über Brüste, Fürze und Orgien sind etwa so witzig wie offene Entzündungen.“(The Observer) Ufa-Stern, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)