Neuer Stahlriese zeigt seine Muskeln

Thyssen-Krupp-Stahlkonzern stellt sich vor. Fusion macht Firma zum drittgrößten Erzeuger der Welt. Die Belegschaft ist befriedet, obwohl bis 2002 sechstausend Jobs wegfallen sollen  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Der neue Stahlgigant an der Ruhr ist geboren. Seit dem 1. September sind die Stahlgesellschaften von Krupp-Hoesch (9.800 Beschäftigte) und Thyssen (13.900) zu einem Konzern verschmolzen. Thyssen Krupp Stahl heißt die Neugeburt, wobei die Namensfolge zugleich die Machtverhältnisse widerspiegelt. Daran ließ der von Thyssen kommende neue Vorstandsvorsitzende Ekkehard Schulz gestern keine Zweifel: Angesichts der Anteilsrelationen – Thyssen hält 60 Prozent, Krupp 40 – nannte Schulz die neue Gesellschaft eine „Thyssen-Veranstaltung“. Ob die Fusion zum Erfolg führe, hänge jetzt entscheidend davon ab, wie schnell es gelinge, aus „konkurrierenden Mannschaften ein Team zu formen“.

Mit einer Rohstahlkapazität von 15 Mio. Jahrestonnen gehört der Ruhrriese jetzt zu den ganz Großen der Welt. Im wichtigen Flachstahlbereich liegt das Unternehmen in Europa an erster Stelle und weltweit hinter den beiden fernöstlichen Giganten Posco (19,5 Mio. t) und Nippon (17,5 Mio. t) auf Platz drei. Vor allem in Südamerika, Fernost und Osteuropa wollen die Ruhrmanager zusätzliche Marktanteile gewinnen.

Zu mehr Beschäftigten wird die angepeilte Offensive indes nicht führen. Im Gegenteil: Von den jetzt noch 23.700 Beschäftigten sollen bis zum Jahr 2002 höchstens 18.100 übrigbleiben. Protest dagegen gibt es kaum noch. Verantwortlich dafür ist vor allem die IG Metall, die in Zusammenarbeit mit den Betriebsräten dafür gesorgt hat, daß der drastische Personalabbau ohne betriebsbedingte Kündigungen über die Bühne geht.

Am stärksten trifft es den ehemaligen Hoesch-Standort in Dortmund. Hier sollen bis 2002 allein etwa 4.000 Stellen abgebaut werden. Am Ende dürfte der fusionierte Stahlkonzern in Dortmund lediglich noch 1.800 Beschäftigte aufweisen – einschließlich derer, die in dem für 1999 geplanten neuen Elektrostahlwerk unterkommen. Zum Ausgleich haben sich Thyssen und Krupp verpflichtet, außerhalb der Stahlproduktion 1.300 neue Arbeitsplätze in der Dortmunder Region zu schaffen.

Allein für die Sozialpläne muß das Unternehmen 688 Millionen Mark aufbringen. Insgesamt beläuft sich der „Restrukturierungsaufwand“ auf etwa 1,3 Mrd. Mark. Dem stehen Einsparerwartungen in Milliardenhöhe gegenüber. Schon für 1998 rechnet Schulz mit 150 Mio. Mark. Ab 2002 sollen die Kostenersparnisse sogar bei 550 Mio. Mark pro Jahr liegen.

Mit diesem Kostensenkungsprogramm, so glaubt Schulz, könne der Konzern auch in Zeiten nachlassender Stahlnachfrage bestehen. Im Moment boomt der Stahlmarkt zwar, doch der nächste Einbruch kommt bestimmt. Noch im letzten Jahr fuhr allein Krupp- Hoesch 200 Mio. Mark Miese im Stahlbereich ein. Krupp-Chef Gerhard Cromme sagt, mit der Fusion sei Krupp nun sein „größtes Problem“ los. Eine Sicht, die der Stahlexperte Professor Helmut Wienert von der Fachhochschule Pforzheim teilt. „Der Konzentrationsbedarf“, so Wienert zur taz, „war unabweisbar. Eine Option, auf Dauer allein zu überleben, hatte Krupp-Hoesch nicht.“

Möglicherweise wird der Stahlfusion die Gesamtverschmelzung der Konzerne folgen. Schulz bestätigte gestern Gespräche. Es seien entsprechende Arbeitsgruppen eingerichtet worden.